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Landeshauptstadt: Schwimmstadion am Flatowturm

Walter Funckes Entwürfe für einen „Kulturpark Babelsberg“ blieben unausgeführt

Stand:

Kommst du mit Schwimmen ins Stadion am Flatowturm? Eine Frage, die in den 1950er Jahren nicht so absurd war wie sie heute erscheint. Gartendenkmalpflegerin Katrin Schröder, in der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Kustodin für den Park Babelsberg, kann 1956 vorgelegte Pläne einer Projektgruppe des Potsdamer Entwurfsbüros für Hochbau zeigen, die ein solches Stadion unterhalb des Aussichtsbauwerks vorsahen. Auch eine Freilichtbühne an der entwaldeten Kuppe des Babelsbergs, mehrere Sportplätze, eine Rodelbahn durch eines der Trockentäler und gar eine Pioniereisenbahn wurden vorgeschlagen.

Allerdings wurde diesen Planungen bald die Spitze abgebrochen. Weniger der Einspruch von Prof. Willy Kurth, Generaldirektor der staatlichen Schlösser und Gärten, sondern mehr die hohen Kosten und die Grenznähe des Parks ließen sie ein Luftschloss bleiben. So erklärte 1957 das städtische Amt für Wiederaufbau, für Neubauten könne es keine Gelder zur Verfügung stellen. Ab 1958 gab es nur noch Einzelvorschläge, das Freibad am Tiefen See wurde gebaut und eine unter Gartendirektor Dr. Harri Günther später wieder abgerissene „Strandterrasse“ am Ausflugslokal „Kleines Schloss“.

Die Idee, das riesige Gelände vom Stadtbahnhof über die Nuthewiesen bis in den Park Babelsberg aufzuwerten und zu einem städtebaulichen und landschaftlichen Bindeglied zwischen der einstigen Residenzstadt Potsdam und der Arbeiterstadt Nowawes zu gestalten, war Anfang der 1950er Jahre von Walter Funcke (1907- 1987) entwickelt worden. Der bedeutende Landschaftsarchitekt, als KPD-Mitglied 1933 kurzzeitig inhaftiert, arbeitete seit 1928 bei dem Bornimer Staudengärtner Karl Foerster. Er war führend an der Gestaltung der Freundschaftsinsel und des Waldfriedhofs Halbe beteiligt. Bei einem volkseigenen Entwurfsbüro tätig, entzog sich Funcke 1954 der staatlichen Reglementierung und machte sich selbstständig, wurde jedoch als Grünplaner in die Arbeitsgruppe für die städtebauliche Planung einbezogen.

Seine Entwürfe für das durch die West-Ost-Achse Stadtbahnhof - Park Babelsberg und die Nord-Süd-Achse Park - Rudolf-Breitscheid-Straße bestimmte Areal legte er zwischen 1953 und 1957 vor. Von einem neuen, repräsentativen Bahnhofsgebäude mit einem vorgelagerten Rundplatz zogen sich streifenförmig Aufmarschflächen, eine Festwiese und Sportstätten Richtung Park, darunter ein Stadion, mehrere Ballspielplätze, eine Radrennbahn, eine Turnhalle, ein Tennisstadion, eine Gymnastikhalle und ein Schwimmstadion. Allerdings platzierte Walter Funcke diese Einrichtungen wie auch das Freibad und einen Bootshafen außerhalb des Babelsberger Parks. Dieser sollte in seinen Grenzen bestehen bleiben, jedoch neue Inhalte bekommen. Vom zu einem Zentralen Eingangsforum aufgewerteten Mühlentor aus erreichte der Besucher an der Gärtnerei einen Spiel- und Tobeplatz sowie einen Rundbau als Treffpunkt der Jugendlichen. In der Gärtnerei waren ein Ponyhof sowie Anlagen zur Vermittlung der Lehren des sowjetischen Obstzüchters Mitschurin vorgesehen. Am Kindermannsee zeigen die Entwürfe eine Badestelle für Kinder, Liegewiesen zum Sonnenbaden und einen Naturlehrpfad. Der Flatowturm sollte „Jugendturm“ mit einer Freilichtbühne am östlichen Wiesenhang werden. Der östliche Parkteil war als Ski- und Wandergebiet ausgewiesen. Nahe dem Mühlentor sind „Sondergärten mit Gesellschaftsplätzen“ zu erkennen, südlich davon sollten neue Wohnbauten entstehen. Der als versenkte Parkgrenze dienende Wassergraben (in der Fachsprache A-ha genannt) sollte zu einer „Gondelbahn“ für Ruderkähne aufgeweitet werden.

Zwar waren Walter Funckes Vorschläge, die von der Volksparkbewegung der 1920er Jahre und der aus der Sowjetunion stammenden Idee des Kulturparks ausgingen, nicht so radikal wie die späteren Entwürfe des Büros für Hochbau. Dennoch hätten sie einen entscheidenden Eingriff in das Gartendenkmal bedeutet. Der Park weckte damals, wie Prof. Kurth formulierte, Begehrlichkeiten „wilder Interessenvertreter“. Seine Pflege war nach dem Zweiten Weltkrieg völlig zum Erliegen gekommen. Die Mitarbeiter waren in der Parkgärtnerei ausschließlich damit beschäftigt, das von staatlicher Seite geforderte Ablieferungssoll an Gemüse zu erfüllen. Als „Kaiserpark“ passte der Park auch ideologisch nicht in die neue Zeit. Funcke sah deshalb zwischen Mühlentor und Gärtnerei eine Skulpturenallee mit zeitgenössischer sozialistischer Kunst vor. Insgesamt spricht Katrin Schröder den Entwürfen „ein gewisses Einfühlungsvermögen“ nicht ab. Sie seien „nicht ideologisch überfrachtet“. Funcke sei aus „fachlicher Begeisterung“ als Erneuerer aufgetreten. Dafür spreche auch, dass er seine Ideen immer wieder auf Versammlungen diskutierte und letztlich auf das ihm zustehende Honorar verzichtete. Grundsätzlich müsse aber bezweifelt werden, dass eine städtebauliche Verbindung zwischen Potsdam und Babelsberg, wie Funcke sie erreichen wollte, mit vornehmlich grünplanerischen Mitteln zu bewältigen ist. Später wurde versucht, dies durch den Bau des Zentrums Ost zu lösen.

Was den Park Babelsberg betrifft, setzte Ende der 1950er Jahre ein Umdenken ein. 1957 wandte sich die Babelsberger Gruppe des Kulturbundes gegen die Vernachlässigung des Areals. Die Schlösserverwaltung, die sich seit Kriegsende kaum für die Erhaltung des Parks stark gemacht hatte, bekam 1959 erstmals einen Gartendirektor und baute die Gartendenkmalpflege auf. Obwohl Teile des Babelsberger Parks ab 1961 ins Grenzgebiet einbezogen und verwüstet wurden, begann man Ende der 1960er Jahre auf dem verbliebenen Areal mit gartendenkmalpflegerischen Arbeiten. Besonders nach Öffnung der Grenze und Rückbau der Grenzsicherungsanlagen wurde die herausragende Qualität des von Lenné und Pückler geschaffenen Gartendenkmals wieder erlebbar.

Wer einen bisher nicht verwirklichten Architektur-Entwurf für die PNN-Serie „Luftschlösser“ vorschlagen möchte, meldet sich unter Tel.: (0331) 2376 134, Fax: (0331) 23 76 300 oder per E-mail an lokales.pnn@pnn.de.

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