Landeshauptstadt: Schwinglieren lernen auf dem Spielmarkt 4000 Experten auf Hermannswerder erwartet
Hermannswerder - Spielen will gelernt sein. Das gilt auch für Pädagogen, die aus beruflichen Gründen mit Kindern und Jugendlichen oder auch Erwachsenen zu tun haben.
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Hermannswerder - Spielen will gelernt sein. Das gilt auch für Pädagogen, die aus beruflichen Gründen mit Kindern und Jugendlichen oder auch Erwachsenen zu tun haben. Das Neueste zum Thema Kinderspiele ist seit gestern auf Hermannswerder beim Internationalen Spielmarkt zu erfahren. Rund 4000 Experten wurden zu der Veranstaltung erwartet, die auch am heutigen Samstag stattfindet. „Hermannswerder haben wir uns ausgesucht, weil es dort Bäume für die Kletterseile der Erlebnispädagogen, einen Blick aufs Wasser, eine Kirche, Seminarräume und eine schöne Spielwiese gibt“, sagt Martin Lorenz. Der Pfarrer aus Eberswalde ist Mitbegründer des Spielmarkts Potsdam und seit dem ersten Markt 1991 mit dabei.
„Spiele ohne Gewinner und Verlierer“ – genau das, was auch in Potsdam im Mittelpunkt steht – seien durchaus bereits zu DDR-Zeiten in den Kirchen bekanntgewesen, erinnert sich Lorenz. Allerdings mehr für den Freizeitbereich. „Dass das einen eigenen Zweig der Pädagogik darstellt und dass man Spielpädagogik auch in Remscheid studieren kann, war uns jedoch völlig neu.“ Während die Nürnberger Spielemesse kommerziell ausgerichtet sei, „geht es bei uns um das Spiel als solches“, sagt Spielmarkt-Sprecherin Gwendolyn Mertz. In Workshops und Fachvorträgen lernen Mitarbeiter der außerschulischen Bildung neueste Gemeinschaftsspiele und aktuelle pädagogische Ansätze. Spieltheoretiker, Erfinder und Buchverlage präsentieren ihre Erkenntnisse. „Wir glauben, dass die Spielpädagogik für jede Frage des sozialen Miteinanders eine Antwort bietet“, sagt Mertz.
Vor diesem Hintergrund wird beim Spielmarkt beispielsweise der bekannte dänische Therapeut Jesper Juul sprechen. Er arbeitete im ehemaligen Jugoslawien spielerisch mit kriegstraumatisierten Familien. Claudio Hoffmann aus Berlin zeigt Spielübungen, die Christen, Muslime und Juden einander näher bringen können. Der Pädagoge Rolf Meurer will Neues zum Murmeln vorstellen. Das Spiel „Heute gestohlen, morgen in Polen“ vermittelt den lockeren Umgang mit bestehenden Vorurteilen. Klaus Scheuermann erklärt die neue Bewegungskunst Schwinglieren, eine Mischung aus Jonglieren und Schwingen.
„Spielpädagogik hilft, Scheu und Konfliktängste abzubauen“, sagt Mertz. Aus diesem Grund gibt es auf dem Markt auch Elternseminare. Dort können Papa und Mama nicht nur testen, wie der Nachwuchs vom Bildschirm weggelockt wird, sondern selbst erfahren, wie ein Familienspaziergang zum Abenteuerausflug gerät. Leider müsse die Spielpädagogik noch viel zu sehr um ihren Stellenwert kämpfen, sagt Mertz. Dabei sei „Gemeinschaft erleben“ wieder „in“. Die Gesellschaft giere förmlich nach „normaler“ Kommunikation.
Die Bundesländer Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt und Thüringen erkennen den Spielmarkt als Fortbildung für Lehrer an. Veranstaltet wird das Bildungsforum von den evangelischen Landeskirchen in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mitteldeutschland und Berlin-Brandenburg sowie von der auf Hermannswerder ansässigen Hoffbauer- und der Stephanusstiftung. Torsten Hilscher
Torsten Hilscher
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