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Landeshauptstadt: Schwitzerlebnis in drei Aufgüssen

Besuch an einem heißen Ort in einem kalten Sommer: Saunabetriebe haben Zulauf, doch richtigen Sauna-Fans ist das Wetter egal

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Besuch an einem heißen Ort in einem kalten Sommer: Saunabetriebe haben Zulauf, doch richtigen Sauna-Fans ist das Wetter egal 1. Aufguss Was für ein Wonnegefühl. Draußen, nieselt der Regen auf die Plattenstraße, sind nicht mal 20 Grad Temperatur. Hier drin sind es über 90 Grad. So kommt man im Kältesommer 2004 doch noch ins Schwitzen: Die Sauna von Frank Bohn in der Schwimmhalle Am Stern ist einer der heißesten Orte, die man in diesem Sommer in Potsdam finden kann. Und voll ist es an diesem verregneten Mittwochabend. Doch das liegt nicht etwa nur am Wetter. Ein Teil der Gäste geht sonst in die Sauna am Brauhausberg, die jedoch gerade renoviert wird. Die Saunakabine füllt sich merklich. Man kennt sich. Da wird gegrüßt, zurückgegrüßt, gescherzt – und geschwatzt. Von einer Hochzeit wird berichtet, in allen Einzelheiten. Ja, auch das Wetter spielt dabei eine Rolle. „Die Braut hatte richtig Glück“, berichtet eine junge Frau, „sie brauchte keinen Regenschirm“. Nun ist das Wetter doch noch großes Thema. Ob denn das schlechte Wetter Grund dafür sei, dass man im Sommer in die Sauna geht? Einhellige Antwort der Schwitzgemeinschaft: Nein! „Wir gehen das ganze Jahr“, sagt Bernd für alle, seine Tochter nickt dazu. Aufgusszeit. Langsam schwappt das Wasser in die Vorrichtung. Kurz darauf zischt es. Die wohlige Wärme wird zur Hitze. Der Schweiß rinnt kräftiger. Nach einer Minute: Nix wie raus. Duschen. Tauchbecken. 2. Aufguss Bernd und Tochter Birgit sitzen vor der Sauna auf einer Bank. Es regnet mal nicht, die frische Luft tut gut. Dunkle Wolken bedecken den Abendhimmel. „Es muss auch mal so einen Sommer geben“, sagt der Rentner. „Für die Landwirtschaft ist das sicher gut.“ Und fügt grinsend hinzu: „Im letzten Jahr haben alle über die Hitze geschimpft, jetzt über zu wenig Sonne.“ Bernd geht seit über 30 Jahren in die Sauna, Sommer wie Winter. „Nur so kommt auch die Abhärtung.“ Dabei hält er einen strengen Rhythmus ein: Möglichst vier Saunagänge zu je 15 bis 20 Minuten, die Pausen dazwischen genauso lang. Tochter Birgit liebt vor allem den Entspannungseffekt des Saunabades. „Hinterher fühle ich mich sauwohl.“ Und: „So regele ich mein Gewicht.“ Da mischt sich der Sauna-Chef ein und klärt auf: „Abnehmen kann man in der Sauna nicht.“ Zwar verliere der Körper Flüssigkeit, doch das werde durch das Trinken schnell wieder ausgeglichen. „Durch Sauna ist noch niemand schlank geworden“, sagt Frank Bohn. Aber es gäbe dennoch viele positive Effekte. Die wichtigsten: Entspannung, Abhärtung, Entschlackung des Körpers. Das kann Bernd nur bestätigen. Doch schon muss er los, der nächste Saunagang steht an. Drinnen, auf den Schwitztüchern, sind jetzt Urlaubserlebnisse Thema. Eine Ministeriumsangestellte hat dann kurz vor dem nächsten Aufguss doch noch was zum Sommer zu sagen: „Wenn draußen 30 Grad wären, würde ich es mir doch überlegen, ob ich in die Sauna gehe.“ 3. Aufguss Bohn kann diese Haltung aus Erfahrung nur bestätigen. Im Auftrag des Deutschen Sauna-Bundes hat er als Vorstandsmitglied gerade rund zwei Dutzend Saunabetriebe in Berlin und Brandenburg befragt. Klarer Trend: In diesem Sommer sind die Besucherzahlen kräftig angestiegen. Bei Bohn sind es rund 50 Prozent mehr als im Vorjahr. Klar, dass das schlechte Sommerwetter eine Ursache ist. Viele kleine Saunabetriebe locken aber auch über ein Bonussystem im Sommer mit niedrigeren Preisen. „Aus wirtschaftlicher Sicht ist das jedenfalls ein guter Sommer“, sagt der Saunabetreiber. Drinnen wird weiter geschwitzt. Zwei Frauen haben es sich auf der obersten Bank bequem gemacht. Als sie erfahren, dass gleich der letzte Aufguss bevorsteht, rutschen sie schnell eine Etage tiefer. Sommer in Potsdam. Sommer in der Sauna. Warm und behaglich. Draußen hat es wieder zu regnen angefangen.

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