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Landeshauptstadt: Schwul, aber nicht anders

Der 26-jährige Björn Matthäs kämpft beim AndersARTIG e.V. gegen Vorurteile über Homosexualität

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An sein intimstes Geständnis kann sich Björn noch gut erinnern. „Mein Bruder hat am Anfang recht zurückhaltend reagiert, er fand es nicht so toll. Meine Mama stellte nur fest, dass sie ja dann lange auf Nachwuchs warten könne und riet mir gleichzeitig zu Kondomen“, erzählt Björn Matthäs ganz locker, während er einen Schluck Kaffee aus seiner Tasse nimmt und sich gemütlich zurück lehnt.

Björn ist homosexuell. Das habe er bereits vor zwölf Jahren, also im Alter von 14, gemerkt. „Im Fernsehen und auch auf der Straße habe ich den Männern immer auf den Hintern geguckt“, sagt der 26-Jährige. Männer seien für ihn schon immer interessanter gewesen als Frauen. Anfangs habe er diese Gefühle verdrängt. Im Bio-Unterricht sei schließlich erklärt worden, dass solche Interessen in der Pubertät normal seien und sich das wieder „legen“ würde. Es hat sich aber nie gelegt. „Erst zwei Jahre später habe ich meine Neigung akzeptiert und gelernt, damit umzugehen. Das ist ein verdammt langer Prozess, so ein Coming Out“, sagt er. In dieser Zeit sei es seine beste Freundin gewesen, die ihm Unterstützung gab und schließlich zum offiziellen Coming Out riet.

Mit 18 Jahren war es dann soweit – ein Coming Out ohne Probleme. Anfangs hätten sich ein paar wenige Freunde distanziert, was sich später wieder änderte. Der Freundeskreis und auch die Familie hätten seine Homosexualität voll akzeptiert.

Ob denn der Freundeskreis heute noch der selbe ist? „Ja, zum größten Teil“, antwortet Björn. Seine Augen beginnen zu leuchten und mit Druck und ernster Stimme fügt er hinzu: „Ich sehe nicht ein, mein Leben schwul zu gestalten!“. Björn sagt sich von jeglichen „Schwulen-Klischees“ frei. Anfangs, kurz nach seinem Coming Out, sei er in der „Szene“ Potsdams und Berlins verkehrt, sein Freundeskreis bestand auf einmal nur noch aus Homosexuellen. Er habe aber erkannt, dass manche so genannte Freundschaft sehr oberflächlich ist und die gleiche sexuelle Neigung keine alleinige Basis darstellen kann, sagt Björn: „Mir kommt es auf den Menschen an, nicht auf seine Vorlieben.“

Björn setzt sich für Toleranz und Akzeptanz ein. Sein Anliegen sei es, zu erklären, dass Homosexuelle genauso leben können und wollen wie Heterosexuelle. Ein „zwanghaftes Abgrenzen müssen“ könne er nicht verstehen. „Homosexualität ist nur eine alternative Lebensweise zur Heterosexualität.“ Er wirkt dabei sehr echt.

Beim Verein AndersARTIG e.V. in Potsdam, also in der Landeskoordinierungsstelle für LesBiSchwule Belange (LKS), arbeitet Björn seit drei Jahren neben seinem Informatikstudium. Die LKS biete psychologische aber auch rechtliche Beratung in allen Belangen rund um die Homosexualität, zudem ist sie einen Begegnungsort. Ein Projekt, das Björn unterstützt, ist das Schulprojekt. Gemeinsam mit Lehrern und Schülern klärt über Homosexualität auf und räumt mit Klischees auf. „Es gibt noch viel Aufklärungsbedarf.“ Viele Lehrer verdrängten das Thema heute noch. Antworten auf Aufklärungsanfragen sei bei den Schulen häufig: „So etwas gibt“s bei uns nicht“. Aber manche Schulen kämen dafür jedes Jahr auf Björn und den Verein zurück, erzählt er stolz: „Dies spricht dafür, dass es funktioniert, was ich tue.“

In seiner Zukunft könne er sich privat sogar vorstellen, einmal zu heiraten. Aber von der so genannten „offiziellen Lebenspartnerschaft“ hält Björn nichts, diese sei nicht mal annähernd eheähnlich. „Das sollte von der Politik endlich einmal gleichgestellt werden“. Sabine Blumrich

Der Andersartig e.V. ist unter Tel.: (0331) 20 19 888 zu erreichen. Infos gibt es unter www.andersartig.info.

Sabine Blumrich

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