Aus dem GERICHTSSAAL: Sechs Monate Jugendhaft für Seriendieb
Staatsanwalt verlas gleich zehn Anklagen gegen vielfach vorbestraften Vietnamesen
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„Wir verhandeln heute nur die Spitze des Eisbergs“, glaubt die Staatsanwältin und verliest vor dem Jugendschöffengericht zehn Anklagen. Phi Long L. (20) aus Vietnam wurde zwischen dem 20. Juni und dem 2. Dezember vorigen Jahres mit schöner Regelmäßigkeit beim Stehlen erwischt. Sein Vorstrafenregister weist bereits Eintragungen wegen zahlreicher Diebstähle, aber auch wegen Geldfälschung sowie Steuerhehlerei auf.
Eigentlich darf sich der im Ausländerwohnheim Lerchensteig Gemeldete nur in Potsdam aufhalten. Doch Phi Long L. – nach eigener Aussage drogensüchtig – treibt sich meist in Berlin herum, macht hier lange Finger, um seinen Rauschgiftkonsum zu finanzieren. So soll er binnen eines halben Jahres in diversen Drogerie- und Supermärkten der Hauptstadt Kosmetika, Rasierklingen, aber auch Kaffee im Gesamtwert von rund 900 Euro geklaut haben. Einmal – so die Vertreterin der Anklage – soll der Langhaarige ein Messer dabei gehabt haben, um seiner Forderung damit notfalls Nachdruck zu verleihen. Zwei weitere Anklagen legen Phi Long L. Schwarzfahren und Hausfriedensbruch zur Last.
Da der abgelehnte Asylbewerber in der Vergangenheit bereits einen Prozesstermin platzen ließ, wurde Haftbefehl gegen ihn erlassen. Seit dem 15. Februar sitzt Phi Long L. hinter Gittern. „Stimmt alles“, gesteht der während der gesamten Verhandlung mit Handschellen Gefesselte. „Ich wollte die Sachen entweder gleich gegen Drogen eintauschen oder zu Geld machen, um dann Rauschgift dafür zu kaufen.“ Mit dem Messer, das bei ihm gefunden wurde, habe er allerdings niemanden bedrohen wollen. „Das benötige ich zum Obstschneiden.“ Und einmal habe er sich das Geld für eine Fahrkarte gespart, weil er dachte, es ginge auch ohne, übersetzt die Dolmetscherin.
„Am 20. Juni 2005 wurde Ihnen für alle Rossmann-Filialen ein Hausverbot erteilt“, bemerkt die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft. „Wieso gehen Sie dann wieder hin und stehlen?“ Der Angeklagte beteuert, dies nicht gewusst zu haben. „Die Leute dort sprechen nur deutsch. Ich habe sie nicht verstanden.“ Vor ungefähr einem Monat habe er seinen Drogenkonsum eingestellt, erzählt Phi Long L. „Ich hoffe, dass das nun aufhört mit dem Stehlen.“
Die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe spricht von „erheblichen sozialen Defiziten des seit langem familiengelöst Lebenden“ und schlägt vor, Jugendstrafrecht anzuwenden. Dem schließen sich Staatsanwaltschaft und Gericht an. Phi Long L. wird unter Einbeziehung eines zuvor gegen ihn ergangenen Urteils zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten – ohne Bewährung – verurteilt. Hoga
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