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Aus dem GERICHTSSAAL: Sechsjährigem Mädchen ein Ohr umgedreht?

Weitere Anklagepunkte: Bedrohung und Beleidigung / 500 Euro Geldbuße

Stand:

Nach mehrstündiger Verhandlung, einem leugnenden Angeklagten und sieben Zeugen, von denen jeder eine andere Version des Geschehens Am Stern präsentiert, hat Richterin Kerstin Devriel genug gehört. Sie stellt das Verfahren gegen Markus M.* (29) gegen Zahlung einer Geldbuße von 500 Euro ein. Dabei klingt die Anklage richtig böse. Der Gebäudereiniger – vorbestraft wegen unzähliger Diebstähle, Körperverletzung, Sachbeschädigung und mehrerer Verkehrsdelikte – soll im August vorigen Jahres einer Sechsjährigen, die am Leibnitzring spielte, schmerzhaft das Ohr verdreht haben. Ihrem erst elfjährigen Onkel und dessen gleichaltrigem Freund, die in der Nähe mit Knüppeln hantierten, soll er gedroht haben, sie damit totzuschlagen. Eingreifende Erwachsene habe Markus M. u. a. mit mit „Ausländerschlampe“ und „Scheiß Ausländer“ betitelt.

„Es war der Tag der Einschulung meiner Enkelin Sara. Wir haben im Vorgarten gesessen und gefeiert“, erinnert sich Saras Großmutter Sabine S.* (40) im Zeugenstand. Der Angeklagte habe auf seinem Balkon in der fünften Etage gestanden und „so einige Fachausdrücke“ von sich gegeben. Plötzlich sei Sara weinend erschienen. „Sie sagte, der Mann war unten und hat ihr Ohr umgedreht. Es war rot und tat ihr höllisch weh.“ Die Vorsitzende blättert in ihren Unterlagen. „Sind Sie sicher, dass sich dieser Vorfall am Einschulungstag abgespielt hat?“, fragt sie. Laut Aktenlage war es vorher. „Es war am selben Tag, an dem der Angeklagte meinem Sohn Noa und seinem Kumpel gedroht hat, sie mit ihren Stöcken totzuschlagen“, beteuert Sabine S.

„Absolut erlogen, Frechheit“, ereifert sich Markus M. auf der Anklagebank. „Ich habe Sara nie angefasst. Und den Jungs habe ich lediglich gesagt, sie sollen die Stöcke wegwerfen, damit nichts geschieht.“ „Von Totschlagen war keine Rede“, bestätigt der ältere Bruder des kleinen Noah. Der Angeklagte habe den Kindern allerdings gedroht, wenn sie nicht aufhören, mit den Knüppel herumzufuchteln, würde etwas passieren. „Das mit Saras Ohr kann auch früher gewesen sein“, räumt er ein. Seine Freundin ist sich allerdings sicher, die Sechsjährige sei am Tag ihrer Einschulung von dem Angeklagten angegriffen worden.

„Das Ohrziehen hat weh getan. Aber bisschen später war es wieder gut“, piepst Sara auf dem Zeugenstuhl. Warum und wann sich der Nachbar an ihr vergriffen habe, weiß die jetzt Siebenjährige nicht. Der Lebensgefährte ihrer Oma, ein Deutscher iranischer Herkunft, erinnert sich an ausländerfeindliche Beleidigungen des Angeklagten während der Feierrunde. Er widerrum versichert, Markus M. habe das Kind ein paar Tage zuvor am Ohr gezupft. (*Namen geändert.) Hoga

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