zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Sechzig Minuten Nackenstarre

Eben noch auf der Seebühne, nun sitzt Sabine Scholze auf einem schmalen Balkon im Malsaal. Dort entstehen die großen Kulissenbilder.

Stand:

Eben noch auf der Seebühne, nun sitzt Sabine Scholze auf einem schmalen Balkon im Malsaal. Dort entstehen die großen Kulissenbilder. Eine Halle, bestimmt acht Meter hoch. An einer Wand lehnt eine romantische Berglandschaft mit Kapelle und Bergbach, auf einer Staffelei steht eine unfertige Marienfigur. Großer Andrang bei der szenischen Lesung einer dramatisierten Fassung von Amos Oz Briefroman. Mehr Stühle werden herangetragen. Auf einem zweiten Balkon erscheint Scholzes Widerpart, Andreas Herrmann. Von unten blicken die 60 Zuschauer eine Stunde lang hoch. Nackenstarre. Die Schauspielerin schlüpft in die Rolle der Ilana, die nach sieben Jahren Schweigen einen Brief an ihren früheren Ehemann Alek schreibt. Sie bittet um Hilfe. Er, reich an Wohlstand und Einfluss, liegt nun im Sterben. Tiefer Hass prägte sein Leben, so beichtet er ihr. Seine Abneigung weicht langsam dem Liebeseingeständnis. Der israelische Autor ist bekannt als Gegner jeglicher Form von Fanatismus. Eine politische Note nach viel Selbstbezüglichem, Liebestollem, Gesungenem, Erwandertem und Leichtem im Rahmenprogramm. Theater will unterhalten, und immer auch zum Besseren verändern. Fast vergessen. Mit kräftigem Applaus honoriert.

Matthias Hassenpflug

Matthias Hassenpflug

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })