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Titelfigur. 2003 traf Berlins Spielmacher Mithat Demirel zum Pokalsieg.

© p-a/ASA

Sport: Sehnsucht nach dem Strahlen

Alba möchte in eigener Halle erstmals seit vier Jahren wieder einen Titel holen

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Berlin - Der Neuzugang von Alba Berlin hinterließ einen guten Eindruck. Dreipunkte- und Freiwürfe, Korbleger, Rebounds und Dribblings: Der Basketballer in Kapuzenpulli und Baumwolljogginghose schien in der Trainingshalle vorführen zu wollen, dass er bereit zum Einsatz ist. „Ich lese immer: Die Deutschen fehlen“, rief Marco Baldi, lachte und schnaubte weiter. Der Geschäftsführer schien das Gegenteil beweisen zu wollen, als er nach dem Training der Mannschaft selbst zum Ball griff.

Doch wird der 50-Jährige eher nicht im Pokalhalbfinale zum Einsatz kommen, auch wenn er einst ein passabler Bundesligaspieler war und nicht viel verlernt zu haben scheint. „Er ist leider nicht als Spieler gemeldet“, sagte Trainer Sasa Obradovic. Zudem macht Baldi, auch wenn er sich regelmäßig fit hält, das Knie zu schaffen.

Wenn aber selbst Funktionäre am liebsten mitspielen würden, dann zeigt das: die Vorfreude und Sehnsucht steigen in Basketballberlin. Auf den ersten Titel seit dem Pokalsieg 2009. „Das ist schon ein Weilchen her“, sagt Baldi in einer Wurfpause. Und dann auch noch in eigener Halle. „Was gibt es Schöneres? Das kommt nicht oft vor in einem Play-off-Sport.“ Zuletzt holte Alba vor zehn Jahren den Pokal zu Hause, als der heutige Sportdirektor Mithat Demirel in letzter Sekunde zum Sieg gegen Köln traf. Der damals unterlegene Obradovic sagt: „Als Sportler spielst du immer für Titel.“ Zumal es mittlerweile so einfach wirkt. Nur zwei Spiele müssen die Berliner gewinnen beim Top-Four-Finalturnier: am Samstag das Halbfinale gegen Bayern München und am Sonntag das Finale, gegen Ulm oder Quakenbrück. Der Sieger der letzten drei Jahre aus Bamberg ist in der Qualifikation gescheitert und nicht dabei. Da wirkt der Bundesligazweite aus München schon als größte Hürde. „Ich glaube nicht, dass der Finalgegner einfacher wird“, sagt Spielmacher Heiko Schaffartzik.

Doch selbst wenn Alba es schafft und triumphiert, dann stellt sich die Frage, was der siebte Pokalsieg der Klubgeschichte wirklich wert ist? Selbst Baldi gibt zu, „dass der Pokal der Titel ist, bei dem man es am ehesten verschmerzen kann, ihn nicht zu gewinnen“. Früher war er eine nette Beigabe zur Meisterschaft. Aber Meister waren die Berliner seit 2008 nicht mehr, das wertet den Pokal plötzlich auf. Drei Jahre in Folge schafften sie es nicht einmal, das nötige Qualifikationsspiel zu gewinnen, um an der Endrunde teilzunehmen. Nun sind sie als Gastgeber automatisch qualifiziert und richtig motiviert. Doch die Frage lautet, ob der Gewinn des Silbertrichters auch Strahlkraft nach außen brächte? Gerade wegen des Modus, weil nur zweimal eine gute Tagesform nötig ist, um ihn zu gewinnen, und nicht in bis zu 49 Spielen, wie in der Bundesliga. „Ein Titel ist ein Titel“, sagt Schaffartzik schlicht, „den muss man erst einmal gewinnen.“

Seit der Pokal 2009 vom Verbands- zum Ligapokal der Basketball-Bundesliga (BBL) wurde, spielen keine unterklassigen Klubs mehr mit. Der Gastgeber des Finalturniers mit Halbfinale und Endspiel ist automatisch qualifiziert, die sechs besten Mannschaften der Bundesligatabelle spielen eine Qualifikationsrunde gegeneinander. Baldi findet, dass der Pokal „durch den Modus an Attraktivität gewonnen hat“. Die wenigsten würden sich erinnern, dass sich früher im Pokal selbst bei Lokalderbys wie Bremerhaven gegen Cuxhaven nur 150 Leute in die Halle verloren hätten. „Das war jahrelang völlig unlukrativ“, sagt er. „Wir sind hier nicht im Fußball, dass im Basketball ein Amateurteam gewinnt, ist völlig ausgeschlossen.“ Baldi ist gar dafür, die Auslosung als letztes klassisches Pokalelement zu streichen und für ein Play-off-System mit Setzlisten. Und für Berlin als Dauerlösung statt wechselnden Finalorten ohnehin.

Aber an Wert könnte der Pokal gewinnen, wenn er Alba nach vielen Niederlagen zuletzt Selbstvertrauen für das Rennen um die Meisterschaft geben würde. Denn anders als in den vergangen Jahren „sieht es dieses Jahr relativ offen aus“, findet Baldi. Die Bundesligaspitze liegt eng beieinander. Das könnte nicht nur für spannende Play-offs sorgen – sondern auch für ein gar nicht so leicht zu gewinnenden BBL-Pokal. Dominik Bardow

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