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Landeshauptstadt: Seit einem Monat auf gepackten Koffern gesessen

13 Oberlin-Bewohner gehen dank einer Spende zum ersten Mal seit Jahrzehnten auf Reisen

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Babelsberg - Uwe Jahn steht etwas verunsichert am blauen Bus, der ihn und fünf weitere Bewohner der Wohnstätte für körperbehinderte Erwachsene gleich in den Urlaub nach Hecklingen in den Harz bringen wird. Die sechs Behinderten kennen Urlaubsreisen fast ausschließlich vom Hörensagen. „Entweder haben sie keine Angehörigen mehr, die die Reisen mit ihnen unternehmen könnten, oder den Familien unserer Bewohner fehlt schlicht das Geld“, erklärt Annett Sachs vom Oberlinhaus-Verein. Gestern startete die Gruppe zum viertägigen Ausflug ins Mittelgebirge, sieben weitere Bewohner fahren am 22. September mit dem gleichen Ziel in die Kurzferien.

Denn: Reisen mit Behinderten sind kostspielig. Allein die zwei je viertägigen Fahrten für insgesamt 13 Heimbewohner schlagen mit 6500 Euro zu Buche – „Kosten, die der Verein selbst nie aufbringen könnte“, so Sachs. Zudem ist eine Reise auch schwierig zu organisieren. Allein die Suche nach einer geeigneten Übernachtung ist nicht einfach“, so Sachs.

Dass die Reisepremiere für die Körperbehinderten nun in Erfüllung gehen kann, ist Spenden-Initiator Wolfhard Kirsch zu verdanken. „Das Oberlinhaus selbst könnte nie diese hohen Summen extra aufbringen“, bedauert Annett Sachs. Der Babelsberger Bauunternehmer Kirsch organisierte die Gelder mit der Unterstützung von Hartmut Kulka aus der Linden-Apotheke. „Mein Engagement für das Oberlin-Haus begann mit einer Spende für ein behindertengerechtes Bett“, erinnert sich Kirsch. Die Freude bei den Heimbewohnern über die Gabe habe ihn dermaßen berührt, dass er weitere Spendenaktionen startete.

Es ist ein für normale Urlaubsverhältnisse vergleichsweiser kurzer Ausflug in den Harz ist, das liegt jedoch nicht nur am Geld. „Unsere Bewohner müssen ständig betreut werden“, erklärt Annett Sachs, weshalb fünf Oberlin-Mitarbeiter bei jeder der beiden Reisen dabei sind. „Solch eine Reise bedeutet für die Betreuer 24-Stunden-Dienste. Mehr als vier Tage hintereinander ist das den Betreuern nicht zuzumuten“, so die Oberlin-Mitarbeiterin. Zudem, so Annett Sachs, fehlten die Arbeitskräfte in der normalen Heimbetreuung.

Für die 13 Bewohner, darunter ein 87-Jähriger, geht eine Zeit voller Vorfreuden zu Ende und ein Reise-Abenteuer, auf das sie jahre-, meist jahrzehntelang verzichten mussten, in Erfüllung. „Einige unserer Reisenden hatten bereits seit einem Monat ihren Koffer fertig gepackt“, schmunzelt Annett Sachs. Und Wolfhard Kirsch sieht sein Spendengeld sehr gut angelegt: „Für behinderte Kinder wird immer viel getan und eine Menge gespendet. Doch behinderte Erwachsene werden nicht so oft bedacht. Dem wollte ich etwas entgegensetzen.“ KG

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