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Homepage: Seminare unterm grünen Wall

Neubau am Griebnitzsee eröffnet Rückzug der Universität aus dem Babelsberger Park und bleibt doch der Landschaft zugewandt

Stand:

Auf dem Universitätsgelände Griebnitzsee ist ein stattlicher Neubau herangewachsen. Vier über zwei Ebenen reichende Hörsäle und 21 Seminarräume bieten künftig den Studenten der Juristischen und der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät beste Bedingungen. Auch das Sprachenzentrum und eine neue Mensa finden hier Platz. Der Neubau ist östlich des 1943 errichteten Präsidialgebäudes des Deutschen Roten Kreuzes angeordnet und bildet mit ihm einen Innenhof. Das DRK-Gebäude war durch SS-Führer Norbert Demmel in der Architektur des Dritten Reiches entworfen worden und hatte durch Emil Fahrenkamp seine endgültige Gestalt mit massivem Portalvorbau und „Führerbalkon“ erhalten. Unverkennbar ist das Vorbild des Reichsparteitagsgeländes in Nürnberg.

Das Babelsberger Architekturcontor Schagemann und Schulte hat nun einen modernen, verklinkerten Funktionsbau mit einer großzügigen Glasfront zum Hof entworfen. Dabei suchte es die Auseinandersetzung mit dem Stil des ehemaligen DRK-Gebäudes. Die Nord-Süd-Ausrichtung entspricht der alten Babelsberger Stadtstruktur, während Demmel seinen Bau diagonal stellte. Dadurch ergibt sich jetzt eine Trapezform des Geländes. Zudem öffnet es sich nach Süden zur Landschaft. Der Haupteingang an der Ostseite wird verglast und ermöglicht einen Durchblick auf den unter Denkmalschutz stehenden Altbau. Carl Schagemann und Prof. Claudia Schulte drücken ihre Intentionen auch in einem von der Südostecke des Neubaus vorspringenden speerförmigen Trakt aus, der das alte Präsidialgebäude durchschneidet und später Menschen mit Behinderungen einen leichten Zugang zu dem Komplex ermöglicht. Wer von der Stahnsdorfer Straße auf den Neubau blickt, sieht als erstes einen „grünen Wall“, denn der quer gestellte südliche Seminarraumtrakt wird mit Erde bedeckt und bepflanzt. Der Innenhof, auf dem der alte Baumbestand weitgehend erhalten blieb, soll durch Pflanzungen, Terrassen- und Sitzflächen zum Erholungsraum und Treffpunkt der Studenten werden.

Der 23,7 Millionen Euro teure Neubau wird vom Land, vom Bund und aus einem EU-Förderprogramm finanziert. Die im Mai 2003 begonnenen Arbeiten koordiniert der Brandenburgische Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen. Im Frühjahr 2007 soll das Gebäude fertig gestellt sein. Die neue Mensa öffnet bereits im Oktober dieses Jahres. Der Speisesaal liegt im nordwestlichen Teil des Neubaus, die Cafeteria verbleibt im DRK-Altbau. Zudem wird eine neue Küche die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten verbessern.

Die Mensa mit 400 Innen- und 48 Außenplätzen wird künftig vom Studentenwerk betrieben. „Damit erhalten wir erstmals die Möglichkeit, alle Studenten vor Ort zu versorgen, und das ohne längere Wartezeiten“, freut sich Pressesprecherin Gudrun Wewetzer. „Selbstverständlich werden wir den Räumen neues Mobiliar und ein Ambiente verleihen, in dem sich junge Leute wohlfühlen.

Hans Göbel, Leiter der Bauverwaltung der Universität, weist einschränkend darauf hin, dass trotz der Größe des neuen Gebäudes nicht alle Einrichtungen untergebracht werden können. Dies betrifft beispielsweise solche Forschungsbereiche, durch die Drittmittel eingeworben werden. „Die Erklärung ist einfach“, sagt der Bauingenieur. „Das Gelände bietet keinen Platz mehr.“ Seit den 90er Jahren sind hier neun Studentenwohnheime, Lehrgebäude, eine Bereichsbibliothek, die Hasso-Plattner-Institute und infrastrukturelle Bauten entstanden. Dennoch werden mit dem Neubau Voraussetzungen geschaffen, dass sich die Universität schrittweise aus dem Park Babelsberg zurückzieht. Hier nutzt sie noch Gebäude, die in den 50er Jahren für die Zentrale Richterschule, später Deutsche Hochschule der Justiz errichtet und dann von der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“ übernommen worden waren. Die Bauten bedeuteten einen schweren Eingriff in das Mitte des 19. Jahrhunderts von Lenné und Pückler geschaffene, heute zum Welterbe zählende Gartendenkmal. „Die Universität stimmt deshalb mit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten darin überein, dass die Gebäude entfernt werden müssen“, berichtet Hans Göbel.

Ab Sommer 2007 werden zunächst fünf zur Glienicker Lake hin und direkt am Schloss gelegene Häuser abgerissen, in denen jetzt noch Hörsäle, Seminarräume, das Sprachenzentrum und eine Mensa untergebracht sind. Die unter Denkmalschutz stehenden, als so genannte Laubenganghäuser ausgebildeten Studentenwohnheime sollen zunächst erhalten bleiben. An ihrer Planung hatte der prominente Architekt des Neuen Bauens Hans Scharoun mitgewirkt. Für weitere Lehr- und Bürogebäude wird noch Ersatz gesucht. Dabei stellt die intensiv genutzte Sporthalle ein besonderes Problem dar. Ein Ersatzbau auf der Sandscholle war angedacht, die Finanzierung aber bisher nicht gesichert worden. Doch die 2007 bevorstehenden Abrisse ermöglichen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten immerhin, den ersten Teil des über Jahrzehnte fremdgenutzten Geländes wieder auf die ursprüngliche Gestaltung als Gartendenkmal zurückzuführen. Erhart Hohenstein

Erhart Hohenstein

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