Landeshauptstadt: Semmelhaack – in Fahrland kein Trumpf
Sozialdemokrat Jann Jakobs warb bei der Parteibasis für seine Politik – und stieß auf Probleme der Realität
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Fahrland - Große Erfolge vertreiben nicht unbedingt die Sorgen des kleinen Mannes. Diese Erfahrung musste Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) am Dienstagabend in Fahrland machen. Jakobs, der Kandidat seiner Partei bei der Oberbürgermeister-Wahl im September sein will, stellte sich der Fahrländer Parteibasis. Weit holte der Amtsinhaber aus, führte die großen Erfolge der Potsdamer Stadtentwicklung ins Feld. Potsdam habe die Zahl seiner Kita-Plätze im letzten Jahrzehnt verdoppelt, von 6000 im Jahr 2000 auf 12 000 gegenwärtig. Gut gebrieft wusste das Stadtoberhaupt, dass dazu auch die 85 Plätze in der Fahrländer Kita zu zählen sind. 20 bis 30 Geburten gebe es in dem 2003 eingemeindeten Ort pro Jahr. „Das Eheleben funktioniert in Fahrland“, so der gut aufgelegte Oberbürgermeister.
Punkten wollte Jakobs auch mit dem Hinweis auf das gut aufgestellte städtische Klinikum. Andere Kommunen hätten ihre Krankenhäuser verkauft, wie etwa Frankfurt (Oder). Dresden habe sein Haushaltsdefizit durch Verkauf der kommunalen Wohnungen ausgeglichen. Heute würden viele Städte jedoch diese Entscheidungen wieder rückgängig machen wollen, auf die Potsdam von vornherein verzichtet habe. Die städtischen Unternehmen Potsdams seien in einer Holding zusammengefasst, innerhalb derer Quersubventionen etwa zugunsten des Straßenbahnbetriebs möglich sind. Jakobs: „Das ist etwas ganz Kostbares.“
Der Oberbürgermeister ging auch auf das Wohnungsproblem in der Stadt ein. In diesem Zusammenhang wollte Jakobs mit der Nachricht glänzen, die Firma Semmelhaack werde in Kürze 16 neue, altersgerechte Wohnungen bauen und auch für Infrastruktur am Baugebiet Eisbergstücke sorgen. Die Anwohner und Fahrländer Sozialdemokraten stellten jedoch schnell klar, dass Jakobs mit dem Namen Semmelhaack in Fahrland keinen Blumentopf gewinnen wird. Seit Jahren solle ein Apotheker angesiedelt werden, jedoch vergebens. „Wir haben keine Lust mehr, auf die Gnade von Herrn Semmelhaack angewiesen zu sein“, schimpfte eine Anwohnerin. Ein aus München Zugezogener konfrontierte Jakobs mit der Frage, ob sich die Stadt von Semmelhaack nicht vertraglich die Ansiedlung von Gewerbe zugesichert habe? Der Mann wörtlich: „Kriegt ihr das einfach nicht gebacken in Potsdam?“ Auch beim Winterdienst habe sich Semmelhaack Versäumnisse geleistet. Vor einem leerstehenden Reihenhaus des Bauträgers liege der Schnee 40 Zentimeter hoch. Ein Anwohner: „Semmelhaack ist so groß geworden, der kann sich alles erlauben.“ Angesichts dieser Kritik konnte auch Jakobs’ Witz nicht alle Wogen glätten. In seinem Büro sei das Wort „Winterdienst“ mittlerweile verboten, es dürfe nur noch „WD“ gesagt werden. Verhaltenes Lachen. Der Oberbürgermeister verteidigte den größten privaten Wohnungsbauer der Stadt. Semmelhaack sei immerhin der einzige Investor gewesen, der für das Wohnungsbaugebiet geboten habe. Zudem hätten sich auch seine Erwartungen hinsichtlich der Grundstückspreise nicht erfüllt. „Es wird Verwertungsschwierigkeiten gegeben haben.“ Auch könne kein Apotheker gezwungen werden, nach Fahrland zu gehen. Nach Ansicht von Ortsvorsteher Claus Wartenberg (SPD) wird aber andersrum ein Schuh draus: Er übergab Jakobs die Visitenkarte eines Apothekers, der seit drei Jahren auf die bauliche Hülle warte, um endlich in Fahrland loslegen zu können. Einmal jedoch stieß Jakobs auch auf Wohlwollen – als er ankündigte, das Lkw-Führungskonzept werde überarbeitet. Jakobs: „Ein Nachtfahrverbot schließe ich nicht aus.“ Immerhin donnern 300 bis 400 Lkws täglich durch Fahrland, häufig auch in der Nacht. Guido Berg
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