
© Dietmar Albrecht
Sport: Sensationssieg in Schwerin
Potsdams SC-Volleyballerinnen gewannen das Play-off-Viertelfinalhinspiel beim Deutschen Meister mit 3:2
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Kaum war Schwerins letzter Angriffsversuch erfolgreich abgeblockt worden, da wurde Alberto Salomoni von seinem Trainerteam schier erdrückt. Seine Mitstreiter bildeten mit ihm ein Freudenknäuel am Boden, während seine Spielerinnen im Kreis tanzten und jubelten. Kein Wunder: Den Volleyballerinnen des SC Potsdam gelang am Samstagabend ein Sensationssieg. Sie gewannen nach knapp zweistündiger Spielzeit mit 3:2 (23:25, 22:25, 25:20, 25:19, 15:13) beim Titelverteidiger und aktuellen Pokalsieger Schweriner SC, der als großer Favorit in die erste Viertelfinalpartie des Bundesliga-Play-offs gegangen war und am Ende mit langen Gesichtern dastand.
„Kompliment an die Potsdamerinnen. Sie haben sehr gut gespielt“, sagte der niederländische SSC-Trainer Buijs Teun, dessen Team in der Liga-Hauptrunde den SCP zweimal mit 3:1 besiegt hatte. Und Schwerins Spielführerin Denise Hanke erklärte: „Unterschätzt haben wir Potsdam auf keinen Fall. Die waren taktisch unglaublich gut auf uns eingestellt.“
„Ich bin überglücklich“, sprudelte es währenddessen regelrecht aus Salomoni heraus. Er freue sich „total für unseren Verein, für unsere Mädels, für den Trainerstab und für alle, die an uns geglaubt haben“, so der Italiener. „Schon im Play-off beim Deutschen Meister zu spielen war sehr emotional. Und dann auch noch das Unmögliche zu schaffen war viel zusätzliches Adrenalin für uns alle.“
Dem Außenseiter kam am Samstag entgegen, dass der bislang unschlagbar scheinende Liga-Krösus drei Wochen nicht gespielt hatte. „Das war unsere Minimalchance“, bestätigte Salomoni, dessen Truppe durch die Pre-Play-off-Spiele gegen Köpenick eingespielt war und am Mittwoch vergangener Woche beim 1:3 in einem geheim gehaltenen Testspiel beim Dresdner SC weiter ansteigende Form gezeigt hatte. Eine Tendenz, die am Samstag in der Schweriner Arena einen Paukenschlag vor offiziell 1499 Zuschauern ermöglichte. Der Favorit gewann zwar die beiden ersten Sätze, aber schon dabei legten die Potsdamerinnen ihren Respekt ab und zeigten sich auf Augenhöhe. Sie lagen im ersten Spielabschnitt 8:14 zurück, holten jedoch vom 17:22 zum 22:22 und dann 23:23 auf, ehe der SCC den Satz gerade noch so gewann. Im zweiten Abschnitt rannten die Mecklenburgerinnen, die mit neun Titeln Rekordmeister sind, mehrfach einer Gäste-Führung (11:9, 17:14, 20:15) hinterher, ehe sie zweimal ausglichen (21:21, 22:22) und sich im Endspurt einen Tick cleverer erwiesen.
„Die Mädels haben aber nie aufgegeben“, freute sich Salomoni. „Wir haben im Spiel gemerkt, dass diesmal was möglich war“, erklärte Mannschaftskapitänin Kathy Radzuweit, die am Samstagabend 16 Punkte machte und damit zweitbeste Scorerin des SC nach Lucia Fresco (27) und vor Anika Zülow (13) war. „Wir haben ab dem dritten Satz nur wenige Fehler gemacht, während Schwerin doch ein bisschen der Spielrhythmus fehlte.“ Potsdam lag im dritten Satz ab dem 3:2 ständig vorn, führte zeitweise mit sechs Punkten (20:14) und ließ sich auch nicht mehr aus der Fassung bringen, als Schwerin vom 15:24 auf 20:24 verkürzte. Der SC dominierte den vierten Spielabschnitt ebenfalls, verlor bei einem zwischenzeitlichen 12:14 nicht die Ruhe, enteilte auf 20:15 und 24:17 und schaffte es mit einem 25:19 in den Tiebreak. In dem riss Salomoni wie schon zuvor immer wieder jubelnd die Faust in die Höhe. 8:5 führte seine Mannschaft beim Seitenwechsel, kurz darauf hieß es 12:8, und obwohl der Favorit noch einmal zum 13:13 ausglich, reichte es diesmal zur Sensation, die Schwerin die dritte Saison-Heimniederlage bescherte.
Zum letzten, entscheidenden Punkt bei trug am Samstagabend Doreen Engel, die in ihrer Geburtsstadt Schwerin ihre Volleyball-Karriere begann, ehe sie als 15-Jährige zum Dresdner SC wechselte. „Ich bin schon lange von Schwerin weg, so dass Spiele dort für mich nichts Besonderes sind. Dass wir beim Tabellenersten und hohen Favoriten aber nach einem 0:2-Rückstand noch gewonnen haben, das war wirklich ein Riesending“, meinte die 31-jährige Zuspielerin. „Das war sensationell.“
„Die Mädels haben in Schwerin alles gegeben, haben sehr diszipliniert gespielt, sehr gut angegriffen und vor allem in der Blockabwehr sehr gut gestanden“, bilanzierte Potsdams Coach, während Teammanager Toni Rieger erklärte: „Man sieht, was geht, wenn man an sich glaubt.“ Auf der Heimfahrt spendierte Rieger den Mädels überglücklich noch ein Bierchen, Sekt zum Feiern fand sich im Bus. Über Ostern hatte die Mannschaft frei. Doreen Engel genoss die Feiertage daheim in Kühlungsborn bei Mutter Cornelia und Vater Peter mit Kaffeetrinken im Sonnenschein. Cathy Radzuweit hatte in Potsdam ihre Oma Gudrun aus Eisenhüttenstadt zu Gast, die sie mit Rouladen verwöhnte. Und Alberto Salomoni flog Sonntagfrüh zu seinen Eltern in die Nähe Venedigs. Am heutigen Dienstag kehrt er zurück, um am Abend wieder seine Mannschaft zu trainieren, die nun Schwerin zum Rückspiel erwartet.
Am kommenden Sonntag muss der Titelverteidiger ab 16 Uhr in der Potsdamer MBS-Arena gewinnen, um so ein Entscheidungsspiel am Mittwoch nächster Woche wieder vor eigener Kulisse zu erzwingen. „Schwerin wird jetzt mit dem Messer zwischen den Zähnen zu uns kommen und alles versuchen, denn sonst sind sie raus“, erklärte Alberto Salomoni, der für dieses Heimspiel auf 2000 Zuschauer hofft. „Der Meister und Tabellenführer ist allerdings weiter der klare Favorit und wir der Außenseiter. Wir müssen jetzt bodenständig bleiben und hart arbeiten. Aber diesen sensationellen Sieg in Schwerin kann uns keiner mehr nehmen.“
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