Links und rechts der Langen Brücke: Sicherheitsgefühl
Für Henri Kramer passt es nicht zusammen, dass in der dynamisch wachsenden Landeshauptstadt wie Potsdam die Zahl der Polizisten reduziert werden soll.
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Laut Statistik klingt der Befund eindeutig: Trotz steigender Einwohnerzahlen ist seit 2010 die Zahl der Straftaten in Potsdam um knapp 800 Fälle auf 15 700 im vergangen Jahr gesunken. Dennoch diskutieren Potsdamer seit Monaten über Einbruchserien, speziell im Norden der Stadt. Auch die Zahl gefährlicher Körperverletzungen ist in den vergangenen beiden Jahren gestiegen. Es sind solche schweren Delikte, die bei Bürgern für Verunsicherung sorgen – etwa wenn Diebe das Zuhause heimsuchen, die Privatsphäre verwüsten, vielleicht Erbstücke stehlen. So etwas hinterlässt nicht nur kurzfristig Angst, das Gefühl der Sicherheit kann dauerhaft angeknackst sein – und bei Gesprächen mit Freunden verbreitet sich die Sorge vor Kriminalität. Dazu kommen die kleinen Erlebnisse mit der Polizei, die man sich im Bekanntenkreis erzählt, wenn etwa ein Phantombildzeichner erst zwei Wochen nach einer Beobachtung kommen kann oder Ermittlungen nach einer Strafanzeige im Sand verlaufen. So sinkt das subjektive Sicherheitsgefühl – und klar ist, dass die Kriminalität in Potsdam ein Thema der kommenden Wahlkämpfe sein wird.
Immer wieder wird es dabei um die Polizeireform des Landes gehen, wegen der dieses Jahr die Wache in Babelsberg geschlossen und bis 2020 die Zahl der Polizisten in Potsdam und Umgebung um 80 auf rund 300 reduziert werden soll. Die Schließung der Wache lässt sich noch nachvollziehen: Polizisten sollen statt Innendienst zu schieben lieber ermitteln und nach dem Rechten sehen. Doch das Personal? Schon jetzt ist der Krankenstand bei der Potsdamer Polizei besorgniserregend hoch: Im Schnitt sind es mehr als sechs Arbeitswochen, die die Beamten fehlen, bei den älteren Kollegen ist die Situation noch dramatischer. Dazu kommt die für eine Landeshauptstadt typische Dauerbelastung, weil häufig Demonstrationen abgesichert werden müssen und andere Arbeit liegen bleibt. Zu all dem ist von den Potsdamer Kommunalpolitikern bisher wenig zu hören – natürlich auch, weil nicht die Stadt, sondern die rot-rote Landesregierung für die Polizei zuständig ist. Doch vor der 2014 anstehenden Evaluation, wie die Polizeireform wirkt, wäre es angebracht, dass sich auch die Stadtverordneten und die -verwaltung intensiv mit dem Thema auseinandersetzen, die Landesregierung in die Pflicht nehmen: Es passt nicht zusammen, in einer dynamisch wachsenden Landeshauptstadt zu leben, in der das Sicherheitspersonal deutlich reduziert wird.
Allerdings: Dies ist kein Plädoyer dafür, in jeder Straße einen Polizisten patroullieren zu lassen. Auch das kann niemand wollen. Beim Kampf – gerade gegen Einbrecher – sind auch die Potsdamer gefragt, gerade in den für Diebe verlockenden und wachsenden Einfamilienhaussiedlungen im Norden. Man kann gegenseitig mehr aufeinander achten und Hilfe holen, wenn Ungewöhnliches auffällt. Denn die Polizei allein wird nicht jede Straftat verhindern können – allerdings haben die Bürger einen Anspruch darauf, dass die Ermittler bei ihren Nachforschungen durch Personalmangel nicht überfordert werden.
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