
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Sicherheitslücke
Potsdams Bootsunternehmer fürchten um Existenz und protestierten gegen umstrittene Neuregelung
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Berliner Vorstadt/Innenstadt - Sie nennen sich die „Bunte Flotte“ – und fürchten um ihre Existenz: Am gestrigen Dienstag protestierten Potsdams Freizeitbootanbieter mit einer Flottenparade von der Schiffbauergasse zur Langen Brücke gegen die umstrittene Neuregelung in der Sportbootverordnung. Wie berichtet wollte das Bundesverkehrsministerium bereits seit Januar die Vermietung von Partyflößen und kleineren Jachten – sie zählen zur Sportbootklasse – mit Kapitän verbieten. Die entsprechende Regelung wurde nach heftigen Protesten zunächst bis Ende des Jahres ausgesetzt.
In Potsdam wären davon nicht nur die größeren Floßvermieter wie Huckleberrys und Havelmeer betroffen, sondern auch kleinere Unternehmen wie das von Günther Winkler, der seine Jacht „Carpe Diem“ seit 20 Jahren für Feiern, Tagungen oder Teambuilding-Aktionen mit Kapitän und Verpflegung an Bord vermietet. 2012 ist auf dem Schiff auch für eine Folge des RTL-Seriendauerbrenners „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ gedreht worden, erzählt Winkler: „Das dürfte ich nach der neuen Regelung nicht mehr machen – dann müsste der Regisseur selber fahren“, empört er sich. Die vom Bund gewünschte Vermietung ohne Kapitän sei nicht sicherer, sondern gefährlicher.
Als „unausgegoren und widersprüchlich“ kritisiert Winkler die neue Verordnung, mit der die Freizeitbootanbieter um die Jahreswende „über Nacht“ überrascht worden waren. Allein die dadurch ausgelösten Diskussionen spüren die Potsdamer Anbieter schon bei der aktuellen Auftragslage: Hochzeitsgesellschaften etwa sei das Risiko für eine Buchung bei der unsicheren Rechtslage zu groß, sagt Yves Takke, Geschäftsführer des vor zwei Jahren gegründeten Havelmeer, die insgesamt zwölf Flöße anbietet – auf dem größten können bis zu 50 Personen feiern, gesteuert wird es von einer Havelmeer-Crew. Gut 2000 Euro kostet ihn eine entgangene Floßbuchung.
Auch Huckleberrys-Geschäftsführer Ole Bemmann rechnet dieses Jahr mit Einbußen im fünfstelligen Bereich: „Das tut schon weh.“ Er vermietet seit sieben Jahren 20 kleine Flöße – ohne Kapitän – und ein großes mit Kapitän. Am gestrigen Protest beteiligten sich auch der Jachthafen Potsdam, der das museale Schleppboot „David“ für Veranstaltungen ausleiht, und die Marina am Tiefen See.
Die Bootsunternehmer, die sich mit Kollegen aus Dresden und Berlin zur „Bunten Flotte“ zusammengetan haben, fordern, dass die umstrittene Neuregelung endgültig vom Tisch kommt. Sie gehen von bundesweit 80 betroffenen Kleinunternehmen aus. Insgesamt seien damit rund 500 Arbeitsplätze in Gefahr.
Winkler schlägt vor, die Freizeitboote nicht als Sportboote, sondern als neue Bootsklasse mit klaren Sicherheitsbestimmungen zu definieren. Dass der Weissen Flotte durch die in den vergangenen Jahren gewachsenen Charterbereich Kunden verloren gehen, glauben die Anbieter nicht: Den Charterkunden gehe es um individuell maßgeschneiderte Angebote. Von der gestiegenen Nachfrage profitiere der ganze Wassertourismusbereich. jaha
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