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Aus dem GERICHTSSAAL: „Sie fahren wie eine Sau!“

2000 Euro Strafe für ausgerasteten Autofahrer

Stand:

Zuerst ärgerte sich der Fahrer des VW Passat über den Rennradler, der trotz eines ausgewiesenen Radwegs rechts vor ihm auf der Nedlitzer Straße fuhr. Der Mann auf dem Veloziped fühlte sich hingegen von dem Automobilisten in seiner Nähe bedrängt. Er wechselte daraufhin nach links, kurvte nun zwischen stadtauswärts- und stadteinwärts fließendem Verkehr hin und her. Das machte den Potsdamer am Steuer allerdings erst recht fuchtig. Laut Anklage soll er den Berliner ausgebremst, ihn sodann von seinem Rad geschubst und ihn sogar – am Boden liegend – verhauen haben. 330 Euro, so rechnete der Radfahrer dem Ausgerasteten später vor, habe der Schaden an seinem Rennrad sowie der durch die Rangelei beschädigten Kleidung betragen. Zudem forderte er 200 Euro Schmerzensgeld, da er etliche Blessuren davongetragen hatte.

Wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und fahrlässiger Körperverletzung wurde der VW-Fahrer Bodo B.* (41) gestern vom Amtsgericht Potsdam zu einer Geldstrafe von 2000 Euro verurteilt. Außerdem darf der Informationselektroniker zwei Monate lang keine Kraftfahrzeuge führen. Schon vor der Verhandlung hatte er seinem Kontrahenten Sven S.* freiwillig 250 Euro Schadenersatz gezahlt und sich auch für sein Verhalten am 30. August vorigen Jahres entschuldigt.

„Ich habe ihn angebrüllt und erklärt: Sie fahren wie eine Sau. Aber ich habe den Radfahrer nicht ausgebremst und ihn auch nicht verprügelt“, beteuerte Bodo B. zum Prozessauftakt. An jenem Nachmittag sei er mit seiner Ehefrau und den beiden Kindern unterwegs gewesen. Das Gebaren des Radlers habe ihn schon geärgert.

Als sich dieser zwischen den Fahrspuren bewegte, mehrere Autos zum Ausweichen zwang und dann auch noch gegen seine Fahrzeugscheibe schlug, habe es ihm gereicht. „Mein kleiner Sohn begann zu schreien. Da habe ich mitten auf der Straße angehalten und bin ausgestiegen. Ich habe den Mann geschubst, dadurch ist er umgekippt und in den Straßengraben gefallen. Danach habe ich ihn nicht mehr angerührt.“ Doch da hakte die Amtsrichterin Kerstin Nitsche nach: „Genau das behaupten aber die Zeugen. Haben die sich das ausgedacht?“ Der Angeklagte hielt dagegen: „Ich habe kleine Kinder, ich züchte Kaninchen. Ich schlage keinen Menschen, der am Boden liegt“.

Radfahrer Sven S. (33) räumte im Zeugenstand ein, der Autofahrer habe „mit den Händen auf mich eingewirkt“, als er sich nach dem Sturz wieder aufrappeln wollte. „Direkt geschlagen hat er nicht“, so der Architekt. Er gab auch zu, aus Wut gegen die Scheibe des Passats geklopft zu haben, da ihn dessen Fahrer auf die Gegenfahrbahn drängte.

Das Fazit der Amtsrichterin folgte: „Sie haben beide dazu beigetragen, dass es so weit gekommen ist“, rügte Nitsche. „Problematisch ist, dass man immer nur das sieht, was der andere angeblich falsch macht.“

(*Namen geändert.) Hoga

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