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Landeshauptstadt: Sie fühlt die Energie

Feng-Shui-Beraterin Andrea Schmidt hat Potsdams Zentrum untersucht

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Minus sieben Grad. Zu kalt, um mit den Fingerspitzen Energieströme zu fühlen. „Sonst könnte ich mit den Händen über den Stadtplan fahren und so Energiefelder aufspüren“, sagt Andrea Schmidt. Die Architektin und Feng-Shui-Beraterin steht auf dem Alten Markt vor der Blechbüchse des Hans Otto Theaters und zeigt fünf Feng-Shui-Interessierten auf dem Stadtplan die frühere Lage des Stadtschlosses. Die Energie sei es, sagt sie, die Architektur und Feng-Shui miteinander verbinde. Die Lebensenergie, die jeden umgebe, werde sowohl durch unterirdische Wasserläufe, als auch durch historische Ereignisse bestimmt. „Ist ein Raum oder Gebäude im Einklang mit der Lebensenergie, so empfinden wir dies als harmonisch“, erklärt Schmidt. Diese Harmonie mache sich in Privaträumen als „Wohlbefinden“ bemerkbar, in Geschäftsräumen wirke sie sich sogar „erfolgssteigernd“ aus. „Jeder Ort hat eine andere Wirkung, weil die Energieströme überall anders sind.“

Andrea Schmidt möchte die Energie des Alten Marktes fühlen und so Antworten auf altbekannte Fragen finden. Eignet sich der Alte Markt als Potsdams Mitte? Soll man den Platz neu bebauen? Modern oder historisch? Und wer soll ihn nutzen?

Da es aber nun zu kalt ist für das Fingerspitzengefühl, geht Andrea Schmidt über den Platz um „die Energie mit dem Herzen zu sehen“. Ohne Wünschelrute, verklärtem Blick oder Räucherstäbchen, einfach so. Das funktioniere ähnlich wie Intuition oder Bauchgefühl, erklärt sie, und steuert vom Hans Otto Theater aus den Obelisken an. Dieser sei möglicherweise ein Sammelpunkt für Energie, so wie eine Akupunkturnadel. „Von hier aus wirkt der Platz viel größer.“ Andrea Schmidt dreht sich um. Kehrt den Rücken mal dem Alten Rathaus oder der Nikolaikirche zu, mal dem Fachhochschul-Gebäude oder den vorbeifahrenden Autos auf der Langen Brücke. „Ich spüre unterschiedliche Ausstrahlungen der Gebäude hinter mir. Was findet ihr?“, fragt sie die Teilnehmer. Die tun es Andrea Schmidt nach, drehen sich – etwas zögerlich. „Das Rathaus und die Kirche spüre ich, die Fachhochschule aber nicht so sehr“, findet Anne. Wie sie sind auch Miriam und Lena nicht zum ersten Mal auf der Suche nach Energieströmen. Während ihres Architektur-Studiums haben die drei an der Technischen Universität Berlin an einem Feng-Shui-Seminar teilgenommen und Baupläne nach Feng-Shui erstellt. Sie sind sich mit Andrea Schmidt einig: Der Alte Markt strahlt Energie aus.

Im nächsten Schritt gilt es herauszufinden, welchen Charakter die Energie hat. Konzentriere sich die Energie auf einen Punkt, so wäre dies ein idealer Ort für ein Stadtzentrum, erklärt Andrea Schmidt. Würde sich die Energie hingegen ausdehnen, wäre die Mitte nicht eindeutig bestimmt – eine schlechte Voraussetzung für einen zentralen Platz. Andrea Schmidt stellt fest: „Die Energie fließt zusammen.“ Der Alte Markt eignet sich also als Zentrum der Stadt. Ein Ort, an dem Energien zusammenfließen und Menschen einander treffen können.

„Mit dem Herzen“ sehen die Teilnehmer auch die künftige Bebauung und Nutzung des Platzes. Belebt werden sollte er, auch in dieser Frage empfinden die Teilnehmer dasselbe. Andrea Schmidt blickt nach oben. „Überdacht werden sollte der Platz aber in keinem Fall. Er strahlt Geborgenheit aus, so wie er ist.“ Ein Einkaufszentrum komme also nicht in Frage. Sie sehe hier eher Cafés und Treffpunkte für Jung und Alt.

Und was ist mit Stadtschloss, das auf seinem altem Grundriss als Landtag wieder aufgebaut werden soll? „Auf keinen Fall“, lautet das Urteil von Andrea Schmidt. Durch die Energie an diesem Ort würden sich die Politiker zu sehr auf sich selbst konzentrieren, statt auf die Bedürfnisse der Bevölkerung einzugehen. Ihr Vorschlag: Historische Reste des Stadtschlosses mit moderner Architektur kombinieren. Die Wirkung: mehr Kommunikation. Und dann sei der Ort bestens geeignet für junge Menschen. „Wir sollten dem Oberbürgermeister vorschlagen, die Fachhochschule umzusiedeln“, meint Andrea Schmidt. Ausstrahlung habe der jetzige Bau ja ohnehin nicht.

Heidrun Olsen

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