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Aus dem GERICHTSSAAL: „Sie fuhren Stoßstange an Stoßstange“!

78-Jährige in Heinrich- Mann-Allee überfahren

Stand:

Eine Wettfahrt – wie es Augenzeugen empfanden – lieferten sich Eric E.* (24) und Lars L.* (25) am Nachmittag des 20. Dezember 2008 wohl doch nicht. Nach Ansicht des Gerichts wollten die jungen Männer lediglich Spaß. Eric E. ließ dabei aber die Sorgfalt außer Acht. In Höhe der Haltestelle Friedrich-Wolf-Straße kollidierte sein Suzuki mit einer Rentnerin, die unvermittelt die Straße betrat. Die 78-Jährige verstarb wenig später an ihren Verletzungen. Hätte der Kfz-Mechatroniker-Lehrling den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand zu seinem Vordermann Lars L. eingehalten, wäre der Unfall vermeidbar gewesen, stellte ein Gutachter fest. Gestern wurde Eric E. wegen fahrlässiger Tötung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, ausgesetzt zu zweiähriger Bewährung, sowie einem Fahrverbot von drei Monaten verurteilt.

Zu Prozessbeginn hatte sich der Angeklagte bei den Hinterbliebenen für die Lücke entschuldigt, die er in ihr Familienleben riss. „Ich habe noch keine Möglichkeit gefunden, mit meiner Schuld umzugehen“, versicherte er. Dann versuchte Eric E., den Unfallhergang zu rekapitulieren. „Ich fuhr auf der linken Spur in Richtung Drewitz. Als das vorausfahrende Fahrzeug ruckartig nach rechts auswich, sah ich die Dame auf der Straße. Ich bin sofort auf die Bremse gegangen. “

Kumpel Lars L. erinnerte sich im Zeugenstand: „Ich fuhr als Erster, so mit 50 Stundenkilometern. Am Straßenrand stand eine ältere Frau. Plötzlich machte sie einen Schritt auf die Fahrbahn.“ Als die Fußgängerin keine Anstalten machte, in der Mitte stehen zu bleiben, sei er ihr im letzten Moment ausgewichen. „Ich habe kurz nach hinten geschaut und gedacht, warum zieht Eric nicht auch nach rechts rüber? Da war es auch schon passiert“, berichtete der Gas-Wasser-Installateur. „Die beiden Autos fuhren Stoßstange an Stoßstange“, erzählte eine Augenzeugin. „Sie waren auch sehr schnell.“ Auf einmal sei die Frau, die zuvor am rechten Straßenrand stand, von dem Wagen des Angeklagten erfasst worden. „Sie schlug mit dem Kopf gegen die Frontscheibe. Dann flog sie über das Dach und blieb reglos auf der Straße liegen.“

Der zur Verhandlung geladene Rechtsmediziner stellte eine „Kausalität zwischen Unfall und Tod“ der 78-Jährigen fest, die für ihr Alter noch sehr gesund gewesen sei. Der Kfz-Sachverständige errechnete, die Seniorin sei mit 50 bis 60 Stundenkilometern frontal von dem Auto des Angeklagten erfasst worden. Bei einem angenommenen Abstand von drei Metern zum vorausfahrenden Fahrzeug hätte Eric E. noch 0,7 Sekunden Zeit zum Bremsen gehabt. Bremsspuren wurden am Unfallort allerdings nicht gefunden. Vielleicht wurde auch nicht ausreichend danach gesucht. Die zum Unglücksort gerufenen Polizeibeamten gingen zuerst von einem „normalen Unfall mit Personenschaden“ aus. Sie stellten nicht einmal die Fahrerlaubnis von Eric E. sicher. Dass die alte Dame im Krankenhaus verstorben war, erfuhren sie erst später – zu spät für aussagekräftige Nachermittlungen. (*Namen geändert.) Hoga

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