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Von Heidrun Lange: Sie heulen den Mond an, um zu kommunizieren
Die Wölfe vor den Toren der Großstadt: Besuch im Wildpark Schorfheide
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Barnim - Imke Heyter öffnet die Tür zum Gehege und kippt frisches Fleisch aus dem Futtereimer. „Kommt alle meine Wölfe“, lockt sie. Schon huscht der erste Isegrim mit eingekniffenem Schwanz vorbei. „Na, Timo, mein Lieber“. Die Wildparkchefin in der Schorfheide erkennt jeden ihrer Wölfe an der Körperhaltung. Timo nimmt das Stück Fleisch und verschwindet blitzschnell und fast lautlos hinter einer Anhöhe. Dahinter stehen seine Artgenossen. Es ist Fütterungszeit, und Imke Heyter ist die „Wolfsmutter“. Die Besucher stehen nur 15 Meter weit entfernt und beobachten das Futterritual. Einige treten zum Teil erschrocken zurück, obwohl das Gehege eingezäunt ist. Imke Heyter erklärt, dass die Raubtiere keine Gefahr für Menschen sind. Sie zieht die Wolfsjungen mit der Flasche auf, um sie an die Zweibeiner zu gewöhnen. Schon wieder schleicht sich aus dem Hintergrund ein Wolf an das Futter heran. „Das ist Nanuk, der Alphawolf“, sagt Heyter. Er entscheidet, wer das Futter holen darf. Den Wolf dem Menschen näherzubringen, ist Heyters Anliegen. Die ersten Wölfe kamen 1998 in den Wildpark. Inzwischen gibt es 18 Tiere in zwei Rudeln. Nur eines bekommen Besucher zu sehen. Mehr als 20 Nachzuchten von Wölfen sind im Wildpark bereits gelungen. Die ersten wurden nach der achtwöchigen Handaufzucht wieder in die Rudel integriert, andere gingen in ähnliche Wildpark-Anlagen.
Eines der jüngsten Projekte des Wildparks sind Wolfsfütterungen bei Nacht. „Vollmond und Wölfe, dazu gibt es viele Mythen und Legenden“, erklärt Imke Heyter, warum das Angebot bei vielen so beliebt ist. Etwa 30 Besucher haben dann die Möglichkeit, Wölfe bei einer außerplanmäßigen Nachtfütterung aus nächster Nähe zu beobachten. Die Gäste bekommen Fackeln und laufen nach Einbruch der Dunkelheit auf einem breiten Feldweg vom Besucherzentrum einmal quer durch den Wildpark zum Wolfsgehege. „Vollmond-Wolfsnächte, sind die nicht gruselig?“, will einer der Gäste wissen. „Überhaupt nicht“, beschwichtigt Imke Heyter. „Die Wölfe heulen nicht den Mond an, weil sie traurig sind, sondern weil sie auf diese Weise miteinander kommunizieren“, sagt die 38-jährige Wolfsexpertin. Schon seit mindestens zehn Jahren leben Wölfe in der Schorfheide aber auch wieder in freier Wildbahn oder durchstreifen die Region zumindest. Als Imke Heyter das erzählt, wünscht sich dann so mancher Gast aber doch schnellstens ins Besucherhaus zurück.
Heidrun Lange
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