Von Thomas Kristaniak: Sieg noch hergegeben

Anja Mittag hatte den Sieg auf dem Fuß. Acht Minuten waren im Topduell der Frauenfußball-Bundesliga zwischen dem bisherigen Spitzenreiter FCR 2001 Duisburg und dem Meister Turbine Potsdam noch zu spielen, als die Nationalstürmerin nach einem Fehler von FCR-Nachwuchstalent Luisa Wensing auf das Tor der Gastgeberinnen zustürmte und aus zehn Metern unbedrängt abzog. Doch ihr Schuss wurde ein harmloser Roller, den Keeperin Ursula Holl ohne Mühe parierte. Mittag hockte noch betrübt auf dem Rasen, als der Uefa- Cup-Sieger zum Gegenangriff ansetzte, den Torjägerin Inka Grings mit dem Treffer zum 2:2 (1:2)-Endstand abschloss.

„Da hätte sie das 3:1 machen müssen“, haderte Turbinen-Coach Bernd Schröder nachher mit dem Schusspech seiner Angreiferin. Kein Wunder: Schließlich deutete bis zu diesem Zeitpunkt nur wenig darauf hin, dass Duisburg noch der Ausgleich gelingen würde. Vor allem im ersten Durchgang stellte der FFC vor 2118 Zuschauern das deutlich überlegene Team, war vor allem mit seiner Abwehrkette so stabil, dass sich die Offensive des FRC immer wieder darin festrannte. Chancen für Inka Grings zu ihrem 298. Bundesligator? Fehlanzeige.

Trotzdem stand in der 22. Minute plötzlich die Angst vor einem Deja-vu-Erlebnis im Raum. Wie im DFB-Pokal-Finale lagen die Turbinen auf einmal wie aus heiterem Himmel in Rückstand, obwohl sie bis dahin dominiert hatten: Aus zehn Metern kam die Belgierin Femke Maes im Strafraum zum Schuss und donnerte den Ball unhaltbar für Desiree Schumann in den Kasten. Was im Mai in Berlin noch den Auftakt zu einer bösen Klatsche bedeutet hatte, vermochte die Schröder-Elf diesmal deutlich besser zu verarbeiten. Unermüdlich ging es weiter nach vorn – und die Belohnung folgte schnell: Nur sieben Minuten nach dem 0:1 besorgte Anja Mittag den Ausgleich. Sie ließ drei Gegenspielerinnen stehen und schoss dann aus 20 Metern ins linke untere Eck.

Auch danach stellte Potsdam die Duisburger Defensive vor arge Probleme, woraus noch vor der Pause die verdiente Führung resultierte. Diesmal schüttelte Jessica Wich sämtliche Gegnerinnen ab und brachte den Ball im rechten Winkel unter (41.). Vor den Augen von DFB-Chef Theo Zwanziger und Nationaltrainerin Silvia Neid gelang der Heimelf auch in Halbzeit zwei nicht viel; die größte Gefahr für das Potsdamer Tor entstand, als Tabea Kemme einen Rückpass zu Desiree Schumann spielte, die Torhüterin jedoch ausrutschte (53.). Die Kugel rollte aber am Pfosten vorbei. Höhepunkte waren in der Folge Mangelware; womöglich ruhte sich Turbine nun auch etwas zu sehr auf der Führung aus. „Da hat Potsdam dann mit seinem temporeichen und flexiblen Spiel aufgehört“, meinte auch FCR-Trainerin Martina Voss-Tecklenburg. Mittags Großchance weckte dann die Gastgeberinnen aus ihrer Lethargie: Inka Grings, bis dahin kaum zu sehen, zog aus 16 Metern ab und konnte sich bei Desiree Schumann bedanken, die den haltbar scheinenden Ball über die Linie gleiten ließ (83.). Die Tabellenführung verlor Duisburg trotzdem an den SC 07 Bad Neuenahr, der bei Bayer München überraschend 1:0 gewann.

„Wir können trotzdem mit dem Punkt hier zufrieden sein. Ein Unentschieden in Duisburg ist schon ein gutes Ergebnis“, fasste Nationalspielerin Fatmire Bajramaj ihr Comeback an alter Wirkungsstätte zusammen. Gewohnt quirlig aufspielend, musste sie drei Minuten vor Schluss gelb-rot-gefährdet vom Feld. Corina Schröder, die zweite Ex-Duisburgerin, wurde schon früher mit einer Verletzung am linken Knie ausgewechselt, die ihr eine dicke Bandage einbrachte.

Turbine: Schumann; Schmidt, Draws, Peter; Kemme (63. Kerschowski), Zietz, Keßler, Schröder (70. Odebrecht); Bajramaj (87. Larsen Kaurin); Mittag, Wich.

Thomas Kristaniak