Landeshauptstadt: Siemensstraße: Letzter Weißdorn umhäkelt Anwohner feierten Kunstaktion auf der Straße
Babelsberg - Der letzte Weißdornbaum in der Siemensstraße ist gestern zum Objekt einer Kunstaktion erhoben worden. Die Freizeit-Künstlerin Sabine Witte-Kumrow hatte zwanzig Stunden lang mit Häkelhaken und Wolle gearbeitet, um dem Stamm des alten Crataegus, wie der botanische Gattungsname lautet, eine Art buntes Netzhemd anzupassen.
Stand:
Babelsberg - Der letzte Weißdornbaum in der Siemensstraße ist gestern zum Objekt einer Kunstaktion erhoben worden. Die Freizeit-Künstlerin Sabine Witte-Kumrow hatte zwanzig Stunden lang mit Häkelhaken und Wolle gearbeitet, um dem Stamm des alten Crataegus, wie der botanische Gattungsname lautet, eine Art buntes Netzhemd anzupassen. Seit gestern leuchtet der Baumstamm in Blau mit violetten und bunten Bändern.
„Vielleicht können wir den Baum erhalten, wenn die Siemensstraße demnächst saniert wird“, hofft Wolfgang Rose. Der Bewohner der Siemensstraße gehört zur „Initiative für den Erhalt des historischen Straßenbildes in der Siemens- und Wattstraße“. Die Initiative hatte in den vergangenen Monaten einen hartnäckigen Kampf um die historisch getreue Sanierung der beiden Straßen geführt und die Wiederverwendung der alten Pflastersteine durchgesetzt. Gestern veranstaltete sie anlässlich der Baumstamm-Umhüllung mit Groß und Klein ein Straßen-Happening bei Kaffee und Kuchen.
Wie die Anwohner berichten, fiel am 13. März dieses Jahres der gesamte Bestand an Rot- und Weißdornbäumen in der Siemens- und Wattstraße den bevorstehenden Straßenbaumaßnahmen zum Opfer. „Nur der nun umhäkelte alte Weißdorn konnte vor den Motorsägen gerettet werden“, sagt Rose, der ihn als erhaltenswertes Zeugnis der alten Allee sieht. Bei einem Alter von zirka hundert Jahren ist es nicht mehr das ansehnlichste Exemplar. Die Anwohner meinen jedoch, dass er mit einem behutsamen Kronenschnitt möglicherweise zu vitalisieren wäre. Besondere Vorsicht sei zudem bei den Straßenbaumaßnahmen erforderlich.
„Wir wollen durch die Aktion auf den Verlust aufmerksam machen, den wir durch den Kahlschlag erlitten haben“, sagt Rose. Die Bewohner würden genau beobachten, was mit dem Baum während der Baumaßnahmen passieren werde. Für Sabine Witte-Kumrow steht die künstlerische Seite im Vordergrund. Die Umhüllung mit dem bunten Häkelkleid sei eine Idee, auf die sie erst vor einigen Monaten gekommen sei. „Ich will Sichtweisen verändern, mit der Wahrnehmung spielen, das Gewohnte neu erscheinen lassen, Freude und Farbe in den Alltag bringen“, erklärt sie auf einer Werbekarte ihr Anliegen. Als Material verwendete sie normales bauschiges Häkelgarn, das größtenteils aus Baumwolle besteht. „Schwer zu kriegen und recht teuer“, sagt sie. Für die Verkleidung in der Siemensstraße hatte sie mit einem Restposten im Kaufland-Supermarkt Glück. Witte-Kumrow gibt dem Häkelkleid eine Lebensdauer von mindestens fünf Monaten, wenn keine mutwilligen Zerstörungen stattfinden.
Unklar ist, ob in der Watt- und Siemensstraße wieder Weißdorne gepflanzt werden, nachdem die Pflasterarbeiten abgeschlossen sind. Vorgesehen sind für beide Straßen 150 Neupflanzungen. Zumindest in der Wattstraße seien auf dem schmaleren Grünstreifen künftig Traubenkirschen geplant, hieß es im Ausschuss für Stadtentwicklung und Bauen im Juli. Günter Schenke
Günter Schenke
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: