Landeshauptstadt: Sixpack für eine Bombe
Ralf Kirschnick und Ralf Buchholz entschärften gestern den sechsten Blindgänger, der 2011 in Potsdam gefunden wurde
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Teltower Vorstadt - Um 10.58 Uhr nimmt Einsatzleiterin Ilona Hönes den erlösenden Anruf aus dem nahen Wald entgegen: Die Bombe ist entschärft. Damit war klar, dass auch die sechste in diesem Jahr in Potsdam gefundene Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg erfolgreich unschädlich gemacht werden konnte. 129 Blindgänger sind es insgesamt, die seit der Wende 1989 in Potsdam gefunden und entschärft wurden, berichtet Stadtsprecher Stefan Schulz.
Einsatzleiterin Hönes ist nach dem Telefonat mit dem Entschärfungsexperten Ralf Kirschnick erleichtert. „Die Gefahr ist vorbei.“ Seit dem frühen Morgen hat Ilona Hönes mit ihrem „Frauenpower“-Team – bestehend aus Tanja Jänke, Franka Schade und Janette Reinke – von ihrem Einsatz-Container hinterm Veranstaltungshaus „Blauhaus“ aus die Evakuierung der Schutzzone um den Bombenfundort organisiert. Die 250 Kilogramm schwere Fliegerbombe war bei einer regulären Kampfmittelsuche hinter der sogenannten Siedlung Eigenheim zwischen Heinrich-Mann-Allee und Michendorfer Chaussee entdeckt worden. Zur Entschärfung wurde ein Sperrkreis von 800 Metern errichtet. Für die betroffenen Anwohner gab es in der Aula des Humboldt-Gymnasiums, bei der Diakonie in der Gutenbergstraße und im Klinikum „Ernst von Bergmann“ Aufenthaltsmöglichkeiten.
Mit dem Jeep des Potsdamer Feuerwehrchefs Wolfgang Hülsebeck ließ sich die Ordnungsbeigeordnete Elona Müller-Preinesberger auf Waldwegen zum Fundort der Bombe bringen. Sie gratulierte Ralf Kirschnick und Ralf Buchholz zur erfolgreichen Entfernung des Zünders aus der amerikanischen Fliegerbombe. Die Beigeordnete überreichte den Männern ein Sixpack Bier, gebraut im Forsthaus Templin, das sie lachend als „Männertäschchen“ bezeichnete. Kirschnick ist der technische Einsatzleiter des staatlichen Kampfmittelbeseitigungsdienstes und somit Chef des kürzlich bei einer Sprengstoff-Explosion schwer verletzten Entschärfers Manuel Kunzendorf. Dessen Unfall habe allen Potsdamern vor Augen geführt, wie gefährlich der Beruf des Kampfmittelberäumers ist. Kunzendorf hat sich durch die Entschärfung zahlreicher Bomben in Potsdam, aber auch durch seine freundliche, humorvolle Art einen Namen gemacht.
Kirschnick und Buchholz hatten die Bombe bereits mit Hilfe einer Seilwinde in ihren Transporter geschafft, als die Beigeordnete vor Ort erschien. Wie sie berichteten, war der Blindgänger in einer Tiefe von weniger als einem halben Meter mit Hilfe einer Sonde gefunden worden. Die Firma OBK ist von der Landesforst mit der Absuche des Waldes beauftragt worden. Die Bombensuche im Potsdamer Forst halte noch bis August an. Details über die Entschärfung wollte Kirschnick nicht verraten, um Bombenfindern keine Anleitung zum selbstständigen Agieren an Fundbomben zu geben. Fundmunition, die über 60 Jahre im Boden lag, sei außerordentlich gefährlich. Es gebe Bomben, deren Zünder mit Ausbausperren versehen sind. „Diese hatte keinen“, sagte Kirschnick. Eine Alarmierung der Polizei sei bei jedem Kampfmittelfund umgehend notwendig. Der 46-jährige Kirschnick ist selbst ein alter Hase im Fach, seit zehn Jahren arbeitet er für den Kampfmittelräumdienst Brandenburgs. Davor diente er 15 Jahre lang bei der Bundeswehr – unter anderem im Auslandseinsatz in Sarajewo, Ex-Jugoslawien.
Nach getaner Arbeit fuhren Kirschnick und Buchholz mit der Bombe zum Kampfmittel-Zwischenlager Priort. Später wird sie in Kummersdorf zusammen mit anderer Munition mit einer großen Sprengung endgültig aus der Welt geschafft.
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