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Sport: „Skandal-Sieg“

Turbine Potsdam unterlag dem FFC Frankfurt in einem Heimspiel mit drei schwer verletzten Kickerinnen

Stand:

Überschattet von drei schwer verletzten Spielerinnen gewann der FFC Frankfurt am Sonntag das Spitzenspiel der Frauenfußball-Bundesliga bei Turbine Potsdam mit 2:1 (0:0). Er übernahm damit die Tabellenspitze – und landete letztlich möglicherweise einen Pyrrhussieg, denn dessen Zustandekommen wird die Gemüter noch lange beschäftigen. Durch Tore der Frankfurterin Kerstin Garefrekes nach einem Konter (59.) und der Potsdamerin Yuki Ogimi per Kopf (71.) stand es 1:1, als in der 88. Minute der bis dahin hochklassigen und spannenden Partie Turbines Stefanie Mirlach und Alexandra Singer bei einer Rettungsaktion stark mit den Köpfen zusammenprallten. Sie blieben blutüberströmt liegen, Singer verlor nach Turbine-Angaben zeitweise sogar das Bewusstsein. Die Situation war ernst, beide Spielerinnen mussten sechs Minuten behandelt werden, ehe sie vom Feld getragen und zur Untersuchung ins Klinikum gefahren wurden. Dort wurde bei Mirlach eine 10 Zentimeter lange Platzwunde genäht und eine schwere Gehirnerschütterung diagnostiziert, ehe die Spielerin das Krankenhaus wieder verlassen konnte. Singer erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma sowie eine 12 Zentimeter klaffende Kopfwunde; Halswirbel wurden laut Turbine zum Glück nicht beschädigt. Die US-Amerikanerin muss aber zunächst weiter im Krankenhaus bleiben.

Schiedsrichterin Riem Hussein (Bad Harzburg), die schon vorher in einigen Szenen nicht überzeugte, zeigte nach der verletzungsbedingten Pause fünf Nachspielminuten an, und statt angesichts des gerade erlebten Dramas auf dem Rasen die Schlussphase ruhig herunterzuspielen, ging Frankfurt noch einmal auf Torejagd. Erfolgreich, denn Ex-Turbine Fatmire Bajramaj drückte kurz darauf unter den Pfiffen der 4120 Zuschauer das Leder aus Nahdistanz an den noch sichtlich geschockten Potsdamerinnen vorbei über die Linie (90.+6). Kurz darauf musste Bajramaj nach einem Foul Tabea Kemmes in Höhe Mittellinie mit Verdacht auf Kreuzbandriss im rechten Knie ebenfalls auf der Trage vom Feld und ins Krankenhaus (90.+7).

Nach dem Abpfiff gab es auf und neben dem Platz nur ein Thema: Hätte Frankfurt in der Nachspielzeit als Zeichen für Fairplay weitere Torschüsse unterlassen müssen? „Das war ein sehr unschönes Ende“, sagte die Ex-Potsdamerin Bianca Schmidt, ehe Co-Trainer Kai Rennich sie in die Kabine zog. Frankfurts Manager Siegfried Dietrich meinte laut dapd: „Das war der schlimmste und unangenehmste Sieg in meiner Karriere, auch wenn uns die drei Punkte guttun.“ Vorher hatte er auf dem Spielfeld erklärt: „Wenn ein Spiel so hochkarätig läuft und 1:1 steht und 90 Minuten noch nicht um sind, halte ich es für normal, dass man seine Chancen weiter sucht.“ Und sein neuer Trainer Philipp Dahm meinte: „Ich weiß nicht, ob es fairer gewesen wäre, wenn ein Nichtangriffspakt abgesprochen worden wäre.“

Bei den Potsdamern kochten währenddessen die Emotionen hoch, das Wort „Skandal-Sieg“ machte die Runde. „Wir wollten heute nicht um jeden Preis gewinnen, und jetzt ist der Preis zu hoch“, sagte Bernd Schröder, dessen Team am Mittwoch im Champions-League-Rückspiel Standard Fémina de Liège empfängt. „Es wird“, befürchtet der Trainer, „ein Hassverhältnis zwischen Frankfurt und Potsdam entstehen wie noch nie.“ Jetzt werde zwischen beiden Vereinen „eine überdimensionale Feindschaft entstehen, und das ist traurig.“ Wie zum Beweis präsentierte Dietrich einen Trommelstock, der nach ihm geworfen worden war. In Turbines Trommler-Gruppe wurde später darüber heftig diskutiert und gestritten.

Turbine: Naeher; Singer, Draws, Kemme; Göransson (7. Evans), Doorsoun-Khajeh, Hanebeck, Winters, Cramer (67. Mirlach); Anonma (62. Andonova), Ogimi.

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