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DASwar’s: Slowfood und Entscheidungsfreude

Entscheidungsfreude, Entschleunigung und Slowfood. Nach drei Wochen in 2014 sind das prägende Merkmale des Jahres.

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Entscheidungsfreude, Entschleunigung und Slowfood. Nach drei Wochen in 2014 sind das prägende Merkmale des Jahres. Zumindest scheint es so zu sein. In einer der ersten Neujahrs-SMS, die ich nach dem Jahreswechsel bekommen habe, schrieb mir ein guter Bekannter, dass Entschleunigung das Zauberwort des Jahres sein sollte. Auf Radio Eins haben sie das sogar zum Jahresprogramm gemacht, jedenfalls höre ich jeden Tag, wie langsam es die Moderatoren jetzt angehen lassen und wie gut oder weniger gut es ihnen gelingt.

Genauso Slowfood – habe ich neulich auch im Radio gehört. Ich soll mir mehr Zeit nehmen beim Essen und auch schon vorher – also beim Einkaufen von Essen.

Ich denke, es wird schwierig für mich, alle drei Dinge zu schaffen. Das wird schon beim Einkaufen scheitern. Da bin ich eher langsam, aber eher unfreiwillig, was mit meiner Unfähigkeit zu tun hat, mich zu entscheiden, was ich kochen und somit kaufen soll. Und das wiederum liegt daran, dass ich vorher keine Zeit habe, mir darüber Gedanken zu machen. Ein Teufelskreis. Langsam und entscheidungslahm wegen wenig Zeit.

Aber ich bin nicht allein mit meinem Problem. Diese Woche stand ich am Bäckerauto auf dem Bassinplatz, bei dem ich ausnahmsweise sehr schnell und entscheidungsfreudig bin, weil ich schon vorher weiß, was ich will. Die Streuselschnecken da sind sündhaft super. An diesem Tag aber wurde ich quasi zwangsentschleunigt. Vor mir stand ein älteres, äußerst entscheidungsunlustiges Paar.

„Doppelbrötchen oder einfache?“

„Ist mir egal.“

Es wurden sechs einfache.

„Willst du einen Kaffee?“

„Weeß ick nich.“

„Also ick nehm een.“

„Schwarz, mit oder ohne Zucker?“, wollte die Backwarenverkäuferin wissen. „Oh“, machte der Mann. „Eigentlich wollte ich in diesem Jahr nicht mehr so viel Zucker.“ „Also nur Milch?“, fragte die Verkäuferin. „Nee, machen’se mal komplett.“

Meine Stimmung wechselte so allmählich von neugierig-amüsiert zu ungeduldig, als die kulinarische Einkaufstour der Beiden ihre Fortsetzung fand. „Willste ne Bockwurst?“, fragte er. Sie antwortete nicht. „Oder wolln wa zu Hause ne Büchse Kohlrouladen aufmachen?“

Nachdem schließlich entschieden war, dass für Brötchen und Kaffee kein 50-Euro-Schein angerissen, sondern mit viel Kleingeld bezahlt wird, war ich an der Reihe. Doch ich fürchte, dass man das nicht als Slowfood gelten lassen kann.

Einen echten Fortschritt habe ich dann einige Tage später gemacht. Bei einem Neujahrsempfang. Als es ans Buffet ging, gab es zwar kein Slowfood, im Gegenteil: Currywurst fällt wohl unter die Kategorie Fastfood. Aber ich hab mich ganz schnell dafür entscheiden können und hab eine Portion gegessen – ganz langsam.

Peter Könnicke ist freier Journalist und arbeitet als Lauf- und Fitnesstrainer.

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