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Landeshauptstadt: „So eine Institution gab es noch nie“

Der Vorsitzende des neu installierten Potsdamer Wirtschaftsrats, Götz Friederich, über die Aufgaben und Ziele des neuen Gremiums – und eine Lücke, die nun geschlossen werden soll

Stand:

Herr Friederich, Sie sind der Vorsitzende des erstmals geschaffenen Wirtschaftsrats der Stadt Potsdam. Bitte erklären Sie: Wozu soll dieses Gremium überhaupt gut sein?

So eine Institution gab es noch nie in Potsdam – obwohl bundesweit in anderen Kommunen und Landkreisen schon vielfach und seit langen Jahren solche Wirtschaftsräte mit Erfolg installiert sind. Unser Gremium, dessen Bildung die Stadtverordneten beschlossen haben, soll vor allem ein wirtschaftspolitisches Sprachrohr sein, damit die vielfältige Potsdamer Wirtschaft für sie relevante Belange gemeinsam artikulieren kann. Hier gab es in der Vergangenheit Lücken, die wir schließen wollen.

Potsdam boomt, die Steuereinnahmen sind stabil, die Arbeitslosenzahl ist niedrig. dennoch haben zuletzt einige Verbände und Unternehmer die Stadt kritisiert. Wirtschaftsfragen würden nur eine untergeordnete Rolle spielen, lautete der Vorwurf.

Auch aus meiner Sicht ist dieses Thema in den vergangenen Jahren etwas stiefmütterlich behandelt worden, eine kooperierte Stimme der Wirtschaft hat gefehlt. Nehmen wir das Thema Gewerbeflächen, für die es ein Sicherungskonzept gibt. Doch daran wird von vielen Seiten geknabbert – zum Beispiel, wenn es um die Frage geht, ob ein Areal lieber für lukrativen Wohnungsbau als für Gewerbeflächen zur Verfügung stehen soll. In solchen Fällen muss man deutlicher artikulieren, dass Gewerbe nötig ist – irgendwo muss ja schließlich auch Geld verdient werden. Potsdam muss dabei aufpassen, dass es sich nicht zu weit weg von der Wirtschaft bewegt. Dazu können wir mit dem Wirtschaftsrat nun entsprechende Empfehlungen abgeben.

Gewerbeflächen sind ein Stichwort. Welche Themen wollen sie außerdem angehen?

Gerade um künftige Fachkräfte ist es in Potsdam schwer bestellt, seien es Azubis oder der akademische Nachwuchs. Die Frage ist: Wie halten wir diese Leute in der Stadt? Ein großes Thema ist der Verkehr: Wer die Wirtschaft entwickeln will, braucht entsprechende Verkehrsinfrastruktur. Ebenso geht es um die Vermarktung der Stadt als Wirtschaftsstandort: Mit der Initiative Silicon Sanssouci und den vielen IT-Unternehmen in Potsdam haben wir zum Beispiel ein echtes Pfund, das man nach außen präsentieren sollte. Und es geht um eine bessere Zusammenarbeit mit den Umlandgemeinden, wie sich in Wirtschaftsfragen gemeinsam agieren lässt. Am Gründonnerstag haben wir die erste reguläre Sitzung des Vorstands des Wirtschaftsrates, in der wir uns auf einen gemeinsamen Informationsstand bringen wollen. Dann beginnt die eigentliche Arbeit.

Doch wie kann ein solch großes Gremium tatsächlich Beschlüsse zum Wohle der Potsdamer Wirtschaft zustande bringen – es gibt doch etliche unterschiedliche Interessenlagen?

Der Wirtschaftsrat soll gerade ein Abbild der sehr vielfältigen Teilnehmer auf dem Potsdamer Marktplatz liefern – das muss nichts Schlechtes sein, obwohl die Interessen natürlich divergieren können. Deshalb haben wir uns eine Geschäftsordnung gegeben. Unser Vorstand wird dabei das Agenda-Setting betreiben, also die Themen und Empfehlungen vorbereiten. Diese können wir dann im eigentlichen Gremium debattieren, verändern und beschließen – schließlich geht es um Belange, die uns alle angehen. Die Entscheidungen fallen im Mehrheitsprinzip. So können wir, denke ich, recht schlagkräftig agieren. Die Sitzungen sind übrigens grundsätzlich öffentlich.

Aber Sie können nur Empfehlungen an das Rathaus und die Stadtverordneten abgeben – wird das neue Gremium damit zum zahnlosen Tiger?

Natürlich ist das formaljuristisch so. Aber wenn ich mir vorstelle, dass wir unterlegte Beschlüsse treffen, eine gut artikulierte Empfehlung – dann kann ich mir nicht vorstellen, dass der Rest der Stadt Potsdam sich die Ohren zuhält und diese Bedürfnisse nicht aufgreift.

Das Gespräch führte Henri Kramer

Götz Friederich ist 53 Jahre alt, Steueranwalt, und unter anderem Präsident des Marketing-Clubs Potsdam, Vorsitzender des Vereins Potsdamer Sport-Union 04 sowie CDU-Stadtverordneter.

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