PRO & Contra: Soll das Schulessen für bedürftige Familien kostenlos sein?
Brauchen Kinder überhaupt eine warme Mahlzeit mittags? Die deutsche Esskultur hat sich dahingehend entwickelt.
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Brauchen Kinder überhaupt eine warme Mahlzeit mittags? Die deutsche Esskultur hat sich dahingehend entwickelt. Wichtig scheint dabei letztendlich aber nicht ob die Mahlzeit warm oder kalt ist, sondern dass es überhaupt eine gibt. Nun leben in Potsdam immer mehr Kinder von Hartz IV oder dem ausgestreckten Arm der Behörden. Der bietet bereits heute die Möglichkeit für Arbeitslosengeld-II-Empfänger, auf Antrag ein verbilligtes Mittagessen für ihre Kinder zu bekommen. Nur wenige Eltern der mehr als 2000 betroffenen Schüler haben diese Möglichkeit bislang genutzt. Warum, ist nicht bekannt. Das Ergebnis umso mehr: Die Anzahl der Kinder ohne Mittagessen in der Schule steigt an. Sie haben weder eine warme Mahlzeit von einem Caterer noch eine kalte Mahlzeit von ihren Eltern. Sie haben einzig einen knurrenden Magen. Die pragmatischste Lösung ist ein kostenloses Essenangebot – kein verpflichtendes – für alle. Oder zumindest für alle Kinder aus so genannten Bedarfsgemeinschaften. Viele Städte haben dieses Modell noch nicht eingeführt, oft bremst das Argument „Was nichts kostet, ist auch nichts wert“ Initiativen für kostenloses Schulessen aus. Nun ja, den Maßstab angelegt, ist unsere Schulbildung nichts wert – denn die ist für Eltern und Schüler kostenlos. Dabei weiß (fast) jeder, dass Bildung sehr viel Geld kostet und unbezahlbar ist. Was zeigt, dass die Vermittlung von materiellen Werten, auch wenn die Dinge einen nichts kosten, durchaus machbar ist. Also Schluss mit den politischen Taschenspielertricks. Es geht allein darum wer es bezahlt, nicht was es kostet. Und wenn Potsdam, das aktuell die Förderung von Sport und Kultur um 250 000 Euro anhebt, kein Geld für kostenloses Schulessen ausgeben will, dann ist es ein Armutszeugnis – und zwar kein finanzielles. J. Brunzlow
Eines ist klar: Natürlich wäre es am besten, alle Kinder und Jugendlichen würden in der Schule täglich kostenlos ein Mittagessen bekommen – ein gesundes und wohlschmeckendes. Doch soweit ist die brandenburgische, ja die bundespolitische Bildungspolitik nicht. Ist das Grund genug für die Linke, mit ihrer Forderung nach einem kostenlosen Schulessen für bedürftige Kinder einen Wandel zu erzwingen? Nein, mit Sicherheit nicht. Zunächst muss die Frage erlaubt sein, welche Kinder und Familien bedürftig sind. Dabei ist Hartz IV leider nur ein Faktor. Andere Familien, bei denen Mutter und Vater wenig verdienen, trifft die finanzielle Not allerdings oft genauso. Sie aber bekommen keine Ermäßigungen. Da taugt der Vorschlag der Verwaltung, die Schulleiter sollen künftig die besonders hungrigen Kinder benennen, um ihnen per Härtefallfonds das kostenlose Schulessen zu ermöglichen, nur bedingt. Denn das Urteil wäre subjektiv, abhängig von der Sensibilität einzelner. Gleichzeitig steht fest, dass Kinder in der Schule hungrig bleiben, wenn Eltern sich nicht genügend kümmern. Sie keine Schulbrote schmieren, der Kühlschrank leer ist, sie die Ermäßigung für das Schulessen nicht beantragen. Da muss die Stadt reagieren: Sie muss den Eltern klar machen, dass ihre Kinder für einen Euro pro Mittag versorgt werden, und die bürokratischen Hürden aus dem Weg schaffen. Politisch muss die Stadt daraufhin wirken, dass der Essensgeldanteil im Hartz-IV-Budget erhöht wird. Die Eltern aber per kostenlosem Schulessen aus der Verantwortung zu entlassen, ist nicht der richtige Weg. Hilfen müssen greifen, wenn Kinder unter mangelnder Fürsorge leiden – doch nicht vorab in Form eines Sonderwegs, bei dem es für einige Kinder kostenloses Essen gibt, aber nicht für alle. S. Schicketanz
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