PRO & Contra: Soll die Rosa-Luxemburg-Straße teils Adenauerstraße heißen?
Danke Jörg Schönbohm! Nicht für den Vorschlag, einen Teil der Rosa-Luxemburg-Straße den Namen von Konrad Adenauer zu verpassen – wie welcher Zipfel welchen Weges heißt, solange es nicht Nazigrößen, Kriegsverbrecher, Diktatoren, Opportunisten und eklige Giftspinnen sind, die als Namenspatrone fungieren, – ist mir herzlich egal.
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Danke Jörg Schönbohm! Nicht für den Vorschlag, einen Teil der Rosa-Luxemburg-Straße den Namen von Konrad Adenauer zu verpassen – wie welcher Zipfel welchen Weges heißt, solange es nicht Nazigrößen, Kriegsverbrecher, Diktatoren, Opportunisten und eklige Giftspinnen sind, die als Namenspatrone fungieren, – ist mir herzlich egal. Nein, danke dafür, dass Sie uns so schön zeigen, wie Reflexe funktionieren. Kaum ein Mensch hätte sich aufgeregt, wenn Sie einen Meisenweg hätten für einen Altkanzler kürzen wollen – außer ein paar Ornithologen vielleicht. Aber: Rosa Luxemburg für Adenauer verstümmeln!?
Das schreit nach Klassenkampf, nach Ideologie, da werden alte Wunden aufgerissen, da schreit der ewige Ossi automatisch auf: „Hände weg von Rosa Luxemburg!“ Da singt Ernst Busch im Hinterkopf: „Auf, auf zum Kampf, zum Kampf sind wir geboren“, links, zwo, drei, vier, „dem Karl Liebknecht haben wir´s geschworen, der Rosa Luxemburg reichen wir die Hand“.
Nur: Warum? Nichts ist dagegen einzuwenden, ein Stück der Straße, in der er – zumindest zeitweise – gewohnt hat, nach Adenauer zu benennen.
Schönbohm hat nicht gefordert, Luxemburg aus dem Stadtbild zu entfernen, hat nichts gegen sie, hat nicht einmal etwas über sie gesagt. Er hat einfach nur etwas über Adenauer gesagt. Nämlich, dass ein deutscher Kanzler es wert wäre, eine kleine Straße nach ihm zu benennen. In einer Stadt, die längst eine gesamtdeutsche ist. Luxemburg- neben Adenauer-Straße, ohne Mauer dazwischen – so ist Geschichte. Peter Tiede
Der Erfolg von Deutschland-West ist eng mit dem Namen Konrad Adenauers verbunden. Adenauers Politik der unbedingten Anbindung Westdeutschlands an den Westen ermöglichte nach der totalen Niederlage 1945 eine Rückkehr der Deutschen in die Völkergemeinschaft. Aller Deutscher? Auf lange Sicht ja. Konkret nicht unbedingt. Adenauer wird die Aussage zugeschrieben, „lieber das halbe Deutschland ganz als das ganze Deutschland halb“. Seine Absage an eine deutsche Einheit in Neutralität und unter Mitsprache der Sowjetunion war historisch richtig, beließ aber die Ostdeutschen auf Jahrzehnte in einem sozialistischen Großversuch, der scheiterte. Adenauer kann der Held aller Deutschen sein, die nach 1989 geboren wurden. Als Held der Ostdeutschen, die in der DDR erwachsen wurden, taugt er nicht. Adenauer ist einer von jenen Politikern, die die Weichen dafür stellten, dass wer 1961 zum Mauerbau in Babelsberg wohnte, in der Regel auch bis 1989 in der DDR leben musste. Es ist anzunehmen, dass dies nicht für jeden Babelsberger Grund zur Freude war. Mit Rosa Luxemburg ist es anders, ihre liberal-sozialistischen Texte widersetzten sich den Versuchen der DDR-Oberen, sie in den Marxismus-Leninismus einzubinden. Mit ihrem Satz „Freiheit ist die Freiheit der Andersdenkenden“ wurde sie Schutzpatronin der DDR-Opposition. Sie ist eine Heldin der Ostdeutschen, die jetzt in der nach ihr benannten Straße wohnen. Deshalb die Schlussfolgerung: Lieber die Rosa-Luxemburg-Straße ganz, dafür die Adenauerstraße gar nicht. Guido Berg
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