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PRO & Contra: Soll Potsdam für 6000 Euro Maier-Romane kaufen?

PRO & Contra Es soll Potsdamer geben, die Andreas Maier nicht leiden können. Weil er Salz in die Kulturhauptstadt- Suppe gestreut hat.

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PRO & Contra Es soll Potsdamer geben, die Andreas Maier nicht leiden können. Weil er Salz in die Kulturhauptstadt- Suppe gestreut hat. Natürlich weiß jeder, dass er für das Stipendiums-Debakel nichts kann. Trotzdem: Müssen wir unser Bild von Andreas Maier nicht bereinigen um die Kenntnis seiner Bücher? Nur in seinen Werken, heißt es, könne der Mensch sich selbst bemerken. Umso mehr muss dies für einen Schriftsteller gelten. Nach den Peinlichkeiten besteht mit dem Jury-Vorschlag nun die Chance, Maier so kennen zu lernen, wie er – und fraglos jeder Autor – es am meisten schätzt: mittels seiner Werke und in der Auseinandersetzung mit ihnen. Mit dem Ankauf von ein paar hundert Bücher von Andreas Maier unter Verwendung der 6000 Euro, die er als Stipendiat bekommen sollte, könnte sich Potsdam mehr Maier in die Stadt holen, als durch seine halbjährige Präsenz. Nach dem Skandalon, den Schriftsteller für eine ihm fremde Sache einspannen zu wollen, ließe die Lektüre seiner Werke diejenigen gewinnen, ohne die eine Kulturhauptstadt nicht zu machen ist: die Bürger. Literatur gehört zur Selbstvergewisserung des sich aufklärenden Demokraten. Maiers Romane „Wäldchestag“ und „Klausen“ sind stilistisch brillant und humorvoll erzählt. In „Wäldchestag“ zelebriert er eine Feier des Konjunktivs, die den Boden der Tatsachen schwanken lässt. Es ist ein Roman ohne Gewissheiten, ein einziges Hörensagen, das ohne Absatz dahinrauscht. Insofern ist es ein zeitgemäßer Roman. Die Posse um Maier wird vergessen, wer ein Maier-Buch in der Hand hält. Guido Berg Der peinlich berührten Literaturstipendium-Jury ist die Forderung offensichtlich leicht über die Lippen gekommen: Potsdam soll die 6000 Euro, die eigentlich für den Stipendiaten Andreas Maier bestimmt waren, nun für seine Romane ausgeben. Und die ganze Stadt soll sie lesen. Aus lauter Reue „Wäldchestag und „Klausen schmöckern? Das klingt nach kollektivem Buße tun, was gemeinhin nur geringe Erfolgsaussichten hat. Und trotz aller Peinlichkeit der Affäre Maier – so einen tiefen Kniefall hat Potsdam nicht nötig. Denn die Stadt selbst hat sich dem Schriftsteller nicht verschlossen, sondern ihm bei seiner Lesung sogar Sympathie bekundet. Es war die Verwaltung, die sich ein blamables Zeugnis ausgestellt hat. Klar, der Zeitungsleser in der Ferne wird nicht zwischen Fachbereichen unterscheiden, wird zunächst ganz Potsdam als seltsamen Ort begreifen. Das lässt sich aber nicht damit ausbügeln, nun Maiers Romane zu lesen, seien sie thematisch noch so passend. Stattdessen muss sich die eigentlich reichhaltige Potsdamer Kulturlandschaft so entwickeln können, dass sie jegliches Verwaltungshandeln überstrahlt. Und die Verwaltung muss ihre Arbeit so geschickt machen, dass sie nicht auffällt – wie ein fleißiges Heinzelmännchen. Um ersteres zu erreichen, könnten die 6000 Euro in die Stadt- und Landesbibliothek investiert werden – um neue Bücher anzuschaffen. Selbstverständlich auch die von Andreas Maier, sollten sie nicht ohnehin schon in den Regalen stehen. Und eines ist gewiss: Mehr Leser hat Maier jetzt schon. Auch in Potsdam. Sabine Schicketanz

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