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PRO & Contra: Sollten alle Fördermöglichkeiten wahr genommen werden?

Wer sich derzeit in Potsdam umschaut, der findet Baustellen und Pläne für Großprojekte en masse. Für Schiffbauergasse, Freizeitbad, Stadtschlossfreiräumung und andere Vorhaben fließen Fördermillionen bzw.

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Wer sich derzeit in Potsdam umschaut, der findet Baustellen und Pläne für Großprojekte en masse. Für Schiffbauergasse, Freizeitbad, Stadtschlossfreiräumung und andere Vorhaben fließen Fördermillionen bzw. sollen diese Gelder fließen. Manch einem wird unheimlich angesichts Geldströme, die aus den Fördertöpfen des Landes, des Bundes oder der Europäischen Union in die Landeshauptstadt fließen. Und meint, dies wäre alles zu viel. Doch Fördergelder sind da, um abgerufen zu werden. Warum also sollte Potsdam sich zurück halten? Die brandenburgische Landeshauptstadt wurde bis zum Ende der 90-er Jahre beinahe sträflich vernachlässigt, während zum Beispiel Milliarden in die sächsische Landeshauptstadt Dresden flossen. Potsdam ist also lediglich dabei, Stadtentwicklung nachzuholen – an derzeit sicher vielen Fronten. Doch kann man nur froh darüber sein. Natürlich muss die Sinnhaftigkeit von Investitionen an erster Stelle stehen, schließlich handelt es sich bei Fördermitteln um Steuergelder. Doch nicht umsonst gibt es klare Regeln und Bedingungen, die es zu erfüllen gilt, ehe ein Förderbescheid erteilt werden kann. Doch gelingt es Potsdam die Förderfähigkeit von Projekten nachzuweisen, weshalb sollte man der Stadt diese Gelder verweigern? Zudem hat die Landesregierung ihre Förderpolitik geändert. Die Wachstumszentren sollen jetzt an erster Stelle stehen. Wer aber Stärken stärken will, der darf Potsdam keinen der Stadt zustehenden Euro verweigern. Potsdam selbst ist vielmehr aufgefordert dafür Sorge zu tragen, keine Fördermittelmöglichkeit auszulassen. Das heißt: Der städtische Haushalt muss die Kofinanzierung von Förderprogrammen sicherstellen. Beim Programm „Soziale Stadt“ zum Beispiel ein klares Muss. Michael Erbach

Nein. Weil es der Idee der Förderung widerspricht, sie in Anspruch zu nehmen, nur weil es sie gibt. Am Anfang sollte das Projekt stehen. Dann erst sollte die Förderung dieses Projektes durch Land, Bund oder Brüssel in Anspruch genommen werden. Oft ist es umgekehrt, das Projekt wird erfunden, weil es eine 90-prozentige Förderung dafür gibt. Das ist wie Kinderkriegen, weil es Kindergeld gibt. Einige wie Startbahnen beleuchtete Radwege in der Prignitz oder der Uckermark zeugen davon. Ebenso überdimensionierte Klär- und Tierkörperbeseitigungsanlagen. Sie werden zwar nicht gebraucht, aber wir können sie uns leisten und deshalb werden sie auch gebaut – so die Devise. Wahrscheinlich ist das der Grund, warum so viele Bauunternehmer so regen Anteil am lokalpolitischen Leben nehmen. Wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum häufig geförderte Bauprojekte durchgezogen, geförderte Sozialprojekte aber gestrichen werden. Die Wahrheit ist, dass wir es uns nicht leisten können, Gelder für Dinge auszugeben, die wir nicht brauchen. Die Bundesrepublik ist in ängsteerregender Weise verschuldet und starker Nettozahler der EU. Die EU-Förderung fällt nicht vom Himmel, sondern ist nur der Rückfluss eines Teils dessen, was dem hiesigen Steuerzahler vorher aus der Tasche gezogen wurde. Das ist der Zusammenhang zwischen Mehrwertsteuererhöhung und Förderwahnsinn. Die Kommunen profitieren im Übrigen nur wenig von der Förderitis. Auch ein Eigenanteil von zehn Prozent vermehrt den städtischen Schuldenberg und verringert die künftige Handlungsfähigkeit. Zuletzt: Es werden die Investitionskosten gefördert, nicht die Betriebskosten. Schnell kann sich ein Fördergeschenk als ein zu großer Happen erweisen, der im Halse stecken bleibt. Guido Berg

Michael Erbach

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