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Doppelte Freude. Der 23-jährige Stürmer Markus Müller schoss gegen Carl Zeiss Jena in der 68. Minute den Siegtreffer und bekam von Trainer Dietmar Demuth bis Dienstag Sonderurlaub, um den Geburtstag seiner Freundin zu feiern.

© Jan Kuppert

Auswärtssieg: Sonderurlaub nach Befreiungsschlag im „Paradies“

Babelsberg 03 verschaffte sich durch 2:1 beim FC Carl Zeiss Jena wieder mehr Luft im Abstiegskampf

Stand:

Die schönste Belohnung gab es auf halber Strecke heimwärts. Markus Müller, Stürmer des SV Babelsberg 03, durfte am Samstagabend auf dem Heimweg des Fußball-Drittligisten vom FC Carl Zeiss Jena seine Mannschaft an der Raststätte Köckern verlassen, um dort vom Schwiegervater in spe ins nahe Halle abgeholt zu werden. Dort konnte er so mit seiner Verlobten Julia deren 19. Geburtstag nachfeiern; bis zum Dienstag-Training hat er frei. „Die Bitte hab ich dem Jungen gern erfüllt“, sagte Nulldrei-Trainer Dietmar Demuth zu diesem Sonderurlaub, nachdem Müller den SVB am Samstag zum 2:1 (1:1)-Sieg geschossen hatte (68.). Zuvor waren Dominik Stroh-Engel (20.) für die Brandenburger und Alexander Maul (38.) für die Thüringer erfolgreich gewesen.

Durch diesen dritten Saisonsieg im Nachholspiel, das wegen des Papst-Besuches vor zwei Wochen in Deutschland verschoben worden war, verschafften sich die Nulldreier wieder etwas mehr Luft im Kampf um den Klassenerhalt. Sie kletterten in der Tabelle vom 16. auf den 14. Tabellenplatz; vorbei am FC Rot-Weiß Erfurt und Darmstadt 98, die jeweils auswärts verloren. Der FC Carl Zeiss dagegen steckt weiter im Abstiegskeller fest – und Trainer Heiko Weber, der den Auftritt seiner Elf „einen Riesenrückschritt“ nannte, muss heute um seinen Job in Jena zittern. Am Sonntag wollte zunächst der Aufsichtsrat des Clubs über seine mögliche Entlassung beraten – die Aufsichtsratschef Reinhardt Töpel am Samstag bereits andeutete. „Meine Meinung steht fest – ohne Wenn und Aber“, polterte er nach der Partie vor der Presse. „Hier ist eine Meute aufgetreten, ohne Saft, ohne Kraft, ohne System. Ich lass mir“, so Töpel, „so was nicht bieten. Hier muss jetzt was geschehen.“

Markus Müller hatte am Samstag im Ostderby und Kellerduell vor 4644 Zuschauern schon in der Anfangsphase zwei dicke Chancen auf dem Fuß, die er aber noch versiebte (8., 17.). „Ich muss mich bei der Mannschaft entschuldigen, dass ich nicht früher getroffen habe“, erklärte der 23-Jährige später. Das tat nur eine Minute Stroh-Engel besser. Als nach einer Flanke Anton Makarenkos von rechts in den Strafraum Jenas Schlussmann Tino Berbig den Schuss Benjamin Kauffmanns zu kurz abwehrte, bedankte sich der völlig freistehende Stroh-Engel mit einem Kopfball zum 0:1 in die Maschen. Glück hatte Nulldrei zehn Minuten später, als Matthias Kühne links im eigenen Strafraum Rene Eckardt so bedrängte, dass der fiel, Schiedsrichter Thomas Stein (Homburg/Main) aber nicht auf Elfmeter entschied (31.). Pech hatten die Gäste, als nach einem schon abgewehrten Freistoß Björn Lindemanns und einem Lupfer Eckardts über die SVB-Abwehr plötzlich Sebastian Hähnge von links den Ball vor das SVB-Tor drosch, wo Alexander Maul vor Daniel Zacher, Kühne und Matthias Rudolph zum 1:1 am Leder war.

Nach dem Seitenwechsel brannte Jena nur ein kurzes Strohfeuer ab, war Jan Simak ein Schatten früherer Zeiten. Babelsberg kontrollierte bald wieder die Partie und wurde dafür erneut belohnt. Nach Stroh-Engels schönem Pass tankte sich Makarenko rechts in den Strafraum, Berbig konnte seinen Schuss nicht festhalten und Müller rauschte zu seinem fünften Saisontor heran. „Fünf Tore sind mehr als vorher von mir selbst erwartet“, so Müller. „Aber ich will mich nicht auf dem Erfolg ausruhen, sondern immer schön weiter arbeiten und mich weiterentwickeln.“ Dass ihn Heiko Weber vor drei Jahren bei gemeinsamen Zeiten beim FC Erzgebirge Aue geschmäht habe, sei am Samstag noch eine kleine Motivation für ihn gewesen, meinte der Stürmer. „Das ist nun aber abgehakt.“

Nach Müllers 2:1 hätten Makarenko (78.), Sergej Evljuskin (84.), Stroh-Engel (87.) und Nicolas Hebisch (88.) sogar für einen noch höheren Sieg sorgen können, während auf der Gegenseite Keeper Daniel Zacher nach einem zu kurzen Rückpass Rudolphs noch gegen Shlomo Edri klären konnte (82.). „Ein geiles Spiel, das wir verdient gewonnen haben. Beim 1:1 haben wir leider gepennt“, sagte Zacher später, während Alexander Maul mit der Niederlage haderte. „Ich habe Phasen gehabt, da hat es mehr Spaß gemacht, Fußball zu spielen“, gestand Jenas Kapitän nach der siebten Saisonniederlage; der vierten im „Paradies“, wie die Jenenser ihr Stadion gern nennen, in dem jetzt eher die Hölle los ist.

Dietmar Demuth konnte dagegen nach dem Befreiungsschlag seine Kicker loben. „Das Ergebnis schmeichelt Jena noch. Meine Mannschaft hat leidenschaftlich gekämpft und an den Sieg geglaubt. Die Jungs haben heute gesehen: Wenn sie laufen und kämpfen, finden sie auch zum Fußballspielen und können sich belohnen. Jetzt heißt es, die Antennen oben zu behalten und das heute Gezeigte am nächsten Samstag auch zu Hause gegen Bremen II an den Tag zu legen“, sagte der Coach, ehe es auf die Heimreise ging – und Müller in Höhe Halle abbiegen durfte.

Jena: Berbig; Zickert, Schulz (72. Grüneberg), Maul, Brinkmann; Schmidt (69. Siefkes), Landeka; Eckardt (77. Edri), Lindemann, Simak; Hähnge.

Babelsberg: Zacher; Nelson, Morack, Kühne, Rudolph; Prochnow, Evljuski; Makarenko (84. Lemke), Stroh-Engel, Kauffmann (90. Hollwitz); Müller (71. Hebisch).

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