
© Robert Späth
Neue Solartechnik: Sonnenenergie aus der Tasche
Im Anwendungszentrum für Innovative Polymertechnologien des Fraunhofer IAP werden organische Leuchtdioden und Solarzellen im industrienahen Maßstab entwickelt.
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Die Zukunft steckt für Armin Wedel in einer schwarzen Tasche. Auf der Vorderseite ist eine Schicht aus einem matt glänzenden, braun gestreiften Material aufgebracht. Das seien organische Solarzellen, erklärt der Forschungsbereichsleiter am Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP). Mit der Energie des einfallenden Lichts laden die Zellen Akkus im Inneren der Tasche auf und versorgen so etwa Smartphones oder Notebooks mit Strom.
Organische Solarmodule werden aus Kohlenstoffverbindungen hergestellt. Der Wirkungsgrad dieser Kunststoffzellen ist zwar geringer als bei Solarzellen aus Halbleitermetallen, dafür sind sie potenziell günstiger herzustellen und können vielseitig verwendet werden. Am Fraunhofer IAP, das von Hans-Peter Fink geleitet wird, wird seit etwa zehn Jahren an der Entwicklung organischer Solarmodule und Leuchtdioden geforscht. Produziert wurde bisher lediglich in geringer Zahl. Nun geht das IAP einen Schritt weiter. „Unsere Kunden wollen nicht nur ein Labormuster bekommen, sondern sie wollen erkennen, ob unsere neuen Technologien in der Praxis anwendbar sind“, erläutert Armin Wedel. Seit Januar dieses Jahres werden in einer Pilotanlage des IAP in Potsdam-Golm solche organische Solarmodule und organische Leuchtdioden, sogenannte OLEDs, in partikelfreier Reinluft in größerem Maßstab produziert.
Kittel, Haarnetz, Überzüge für die Schuhe sind nötig, um die Pilotanlage für organische Elektronik zu betreten. Denn Straßendreck und Kleiderfussel müssen draußen bleiben. Der Überdruck in der großen Halle sorgt dafür, dass keine ungefilterte Luft von außen hineinströmen kann. Hinter Glaswänden ist die eigentliche Produktionsanlage zu sehen. In dem 15 Meter langen Glaskasten ist die Atmosphäre frei von Feuchtigkeit und Sauerstoff. In regelmäßigen Abständen sind Handschuhärmel in die Glaswand eingelassen, die einen manuellen Zugriff ermöglichen. Doch diese werden nur im Ausnahmefall genutzt – die Anlage arbeitet vollautomatisch, ein Roboter führt sämtliche Arbeitsschritte aus. Er sorgt dafür, dass die Trägermaterialien mit hauchdünnen Schichten aus lichtemittierenden und -absorbierenden organischen Stoffen bedruckt werden. Am Ende werden die Module mit Kunststoff oder Glas versiegelt und auf die gewünschte Größe zugeschnitten. Der Clou: Farbe, Muster und Flexibilität der Endprodukte können variabel gestaltet werden, die Einsatzmöglichkeiten sind entsprechend vielfältig.
„Wir haben in Zusammenarbeit mit Designern und Produktentwicklern erkannt, dass es zukünftig einen Bedarf nach individualisierten Produkten der organischen Elektronik geben wird“, sagt Wedel. Da organische Solarzellen in verschiedenen Mustern und Farben produziert werden können, eröffnen sich auch neue architektonische Gestaltungsmöglichkeiten. Dagegen könnten OLEDs etwa in Hinweisschildern oder gar auf Polizeiuniformen zum Einsatz kommen. „Mit der Drucktechnologie sind wir sehr gut aufgestellt, weil wir sehr flexibel sind und wir die Designs schnell ändern können“, erklärt Wedel.
Mit der neuen Pilotanlage sei es möglich, den Bedürfnissen der Industriepartner entgegenzukommen und sowohl Anzahl als auch Größe der Bauelemente zu erhöhen. „Der gesamte Erfahrungsschatz der letzten Jahre ist hier eingeflossen“, betont Wedel. Konstruiert und zusammengebaut wurde die Anlage in Zusammenarbeit mit dem Münchner Anlagenbauer Mbraun. Die Gelder für die drei Millionen Euro teure Anlage stammen aus dem EU-Regionalfonds Efre, vom Land Brandenburg und dem Bundesforschungsministerium. Die Anlage ist das Kernstück des im Juni vergangenen Jahres neu eröffneten Anwendungszentrums für Innovative Polymertechnologien, in dem auch Forschungen zu biokompatiblen Materialien für die Medizin und biotechnologischen Verfahren für die effiziente Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen durchgeführt werden.
Die Investition in die neue Pilotanlage werde sich lohnen, ist Armin Wedel überzeugt. Das Ziel ist dabei nicht die Stromproduktion in großem Maßstab, denn organische Solarzellen sind weniger effektiv als herkömmliche Silicium-Module. Vielmehr sollen innovative und individuelle Anwendungen gefördert werden. Die schwarze Tasche mit den gedruckten Solarzellen hat zumindest schon einen Nutzer – Armin Wedel wird sie demnächst, wenn die Sonne wieder kräftiger scheint, selbst verwenden.
Heike Kampe
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