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Landeshauptstadt: Sonnenlicht von unten

Anwohner klagen gegen Flutlicht des Karl-Liebknecht-Stadions. Fast hätten sie verloren. Wären da nicht die stählernen „Jedi-Ritter“

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Babelsberg - In Babelsberg steht der einzige Flutlichtmast Deutschlands, der von unten erstrahlt und 40 Meter entfernte Zimmer erhellen können soll. Was klingt, wie ein neues Verfahren zur Gewinnung erneuerbarer Energien, ist Inhalt von Gerichtsverfahren: Geht die Sonne über Babelsberg auf, schickt sie ihre Strahlen direkt in die Leuchten der Flutlichtanlage. Dort werden sie gebündelt und als eine Art „Laserstrahl“ in und an das Haus eines Anwohners geleitet. So schildert es Hauseigentümer Professor Uwe V., der sich davon täglich mehrere Stunden geblendet fühlt und gegen die Errichtung der stählernen „Jedi-Ritter“ sowie die befristete Baugenehmigung für die einzigen abknickbaren Fluchtlichtmasten Deutschlands klagt.

Die Grenzstraße am Karl-Liebknecht- Stadion scheint ein Ort für Grenzgänger. In mehren Klagen versuchen Anlieger gegen das Flutlicht und den Fußballbetrieb im Babelsberger Traditionsstadion vorzugehen. Da geht es um Bratwurstgeruch, lauten Torjubel, Urin im Nachbargarten sowie die Überschreitung von Lärm- und Lichtschutzgrenzwerten. Gestern stand Uwe V. nun als Kläger gegen die Stadt vor dem Verwaltungsgericht, um gegen den 18,68 Meter von seinem Gartenzaun entfernten Flutlichtmast anzukämpfen. Er sieht mit dem Bau der Anlage eine Nutzungsänderung des Stadions verbunden.

Wie definiert sich die Nutzungsänderung eines Fußballstadions, fragte Richter Volker Reimus, der nach eigenen Angaben selbst schon Heimspiele des SV Babelsberg 03 besucht und von der Tribüne aus in Richtung der Anlieger geschaut habe. Fußball ist und bleibe Fußball. Das Stadion könne durch die Errichtung der Flutlichtmasten nicht anders genutzt werden als die Jahre davor. Schon seit 1923 besteht der Priestersportplatz, vor 33 Jahren wurde das Karl-Liebknecht-Stadion gebaut – ohne Flutlicht. Vor fünf Jahren nun, als Babelsberg in Liga zwei kickte, ist nach langem Streit eine auf fünf Jahre befristete Baugenehmigung für das Flutlicht erteilt worden. Die Kläger argumentieren, dass das Stadion dadurch von einer Freizeitspielstätte zu einem Bundesligastadion aufgestiegen sei und leiten daraus ab, dass das Stadion an dieser Stelle nicht für diese Zwecke geeignet sei.

Für Richter Volker Reimus und seine anscheinend sehr fußballbegeisterten Richterkollegen Dr. Matthias Semtner und Ruben Langner, der nach eigenen Darstellungen beim Länderspiel DDR gegen Malta einer der damals 15 000 Besucher gewesen ist, liegt die Wahrheit in der Mitte. Ob die Mannschaft dabei am Nachmittag oder abends spiele, mache bei der Nutzung keinen Unterschied. „Die Babelsberger spielen nur einmal, denn nach 90 Minuten sind die platt, oder?“, fragte der Richter in Richtung Vereinsvertreter. Der Kläger konterte: Es mache für die Anwohner sehr wohl einen Unterschied, ob am Abend oder am Nachmittag in dem Stadion Fußball gespielt werde. Das Flutlicht ermögliche eine Ausweitung des Spielbetriebes.

Während der dreistündigen Verhandlung haben die Richter den Eindruck hinterlassen, die Klage letztendlich abzuweisen. Doch die vom Kläger vorgetragene Lichtreflektion der einzelnen Lampen am eingeklappten Flutlichtmast ins Haus von Uwe V. konnte nicht widerlegt werden. Sie sei zwar unwahrscheinlich und würden jeder Lebenserfahrung widersprechen, sagte Richter Volker Reimus. Jedoch müsse er das nachprüfen. Daher sei sein Kollege Rubens Langner bereit, am heutigen Sonnabend zeitig aufzustehen und die Lichtreflektionen direkt bei Uwe V. im Haus zu überprüfen.

Die Baugenehmigung, gegen die Uwe V. klagt, läuft im April 2007 aus. Ein Antrag auf Verlängerung ist gestellt, das Verfahren läuft. In Richtung des Vereins SV Babelsberg 03 sagte Richter Reimus: Es könne ihnen doch nur lieb sein, wenn die Baugenehmigung unrecht sei. Dann wäre der politische Druck erhöht, ein neues Stadion zu bauen. Ralf Hechel vom SVB 03 versicherte jedoch: „Wir wollen im Karli bleiben.“

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