Sport: Souverän im Vierer, praktisch in rosa Stiefeln
Kathrin Wagner-Augustin paddelte gestern mit dem deutschen Quartett ins 500-Meter-Finale
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Chic und Zweckmäßigkeit sind mitunter zwei verschiedene Paar Schuhe. In rosa Stiefeln schlenderte Katrin Wagner-Augustin gestern über die Duisburger Regattastrecke – passend für den verregneten Auftakt der Kanu-Weltmeisterschaften auf der Wedau. „Die habe ich mir letzte Weihnachten selbst geschenkt“, verriet sie. Für die Potsdamerin strahlte nach ihrem ersten Start mit dem Viererkajak über 500 Meter aber – symbolisch betrachtet – die Sonne. Gemeinsam mit Carolin Leonhardt (Mannheim), Conny Waßmut (Magdeburg) und Maren Knebel (Karlsruhe) fuhr sie beim Vorlaufsieg schneller als die stärksten Kontrahenten Ungarn und Polen. „Dafür, dass einige doch noch Gürteltiere auf dem Rücken hatten – also Verspannungen –, war das ein souveräner Lauf. Der verschafft uns ein gutes Gefühl für das Finale am Sonnabend.“ In das zogen die deutschen Ladys – die gestern schon um 5.30 Uhr aufstanden, da ihre Vorläufe den WM-Startschuss gaben – gestern auf Anhieb. Und das, obwohl die WM-Vorbereitung des Quartetts nicht optimal verlief, da Schlagfrau Leonhardt zwischenzeitlich erkältet war und nicht trainieren konnte.
Heute will Wagner-Augustin auch im Einer über 500 Meter in den Endlauf paddeln. Als aktuelle Europameisterin hat sie gute Chancen. „Abwarten“, meint die dreifache Olympiasiegerin allerdings. „Bis ins Halbfinale zu kommen dürfte nicht schwer werden, aber dann Nur die beiden Ersten der drei Zwischenläufe und der zeitschnellste Dritte kommen weiter, und da kann schnell mal was schief gehen.“ Auch gestern verhehlte die Potsdamerin nicht, dass ihr auf der olympischen 500-Meter-Strecke der Viererkajak lieber ist als das Soloboot, in dem sie vor drei Jahren in Athen Vierte wurde. „Damals hatte ich mit dem Einer praktisch abgeschlossen. Aber da ich in diesem Jahr die schnellste Deutsche war, hat es sich halt so ergeben, dass ich den Einer hier nun auch fahre. Mein Hauptziel ist es, das Boot im Finale für Olympia in Peking zu qualifizieren.“ Dafür müsste die Sportsoldatin, die mittlerweile auch Studentin für Innenarchitektur und Raumgestaltung der Fernuniversität Hamburg ist, mindestens Platz acht belegen.
„Allein kann jeder paddeln, aber sich für einen schnellen Vierer zu finden – das ist die Kunst“, glaubt Katrin Wagner-Augustin, die mit Leonhardt, Waßmut und Knebel am Samstag und Sonntag auch die nichtolympischen 200 Meter sprinten wird. „Wir verstehen uns alle sehr gut, das ist richtig harmonisch“, erzählte der Schützling von Bundestrainer Eckehardt Sahr aus Potsdam. Dabei ist die Potsdamerin mit ihren 29 Jahren mittlerweile die Älteste unter Deutschlands WM-Kanutinnen; nach ihr kommt die Leipzigerin Marina Schuck (26). „Es liegt in meiner Natur, dass ich das Zepter in die Hand nehme“, erzählte Wagner-Augustin, die in ihrem Vierer für die Kommandos zuständig ist, schmunzelnd. „Die Mädchen hören dank meiner Erfahrung schon auf mich – ich akzeptiere aber gleichermaßen ihre Meinungen.“ Im deutschen Mannschaftsquartier „Landhaus Milser“, in dem vor Jahresfrist Italiens Fußballer ihren großen WM-Triumph feierten, teilt sie sich das Zimmer mit Conny Waßmut.
Der gestrige Regen störte Wagner-Augustin eigentlich nicht. „Im Boot werden wir weiter hinten Sitzenden sowieso immer nass“, meinte sie. „Mir tut es nur um die Zuschauer leid – und um meine Familie.“ Schwester Grit reiste schon gestern mit ihren Kindern Domenic (7), Anne-Katrin (6) und Benedikt (4) aus Brüssel an, Mutter Gudrun und Vater Lutz kommen heute aus Potsdam, Ehemann Lars Augustin – einst selbst ein Weltklasse-Kanute – war schon gestern früh mit an der Strecke, ehe er zur Arbeit fuhr. Er ist in Essen als Teammanager tätig und drückte am Nachmittag auch seinem Kumpel und Katrins Klubkameraden Lutz Altepost die Daumen. Zum Glück: Altepost führte als Schlagmann den Männer-Vierer über 1000 Meter als Zwischenlauf-Dritten gerade noch so ins morgige Finale.
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