Landeshauptstadt: Sozialarbeit per Tablet
In Potsdam gibt es mehr ausländische Obdachlose. Streetworker sollen sie mit neuer Technik erreichen
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Meist ist es die Sorge, die die Bürger antreibt, wenn sie einen Obdachlosen melden. Einige wenden sich dann an die Stadtverwaltung, manche an das AWO-Obdachlosenheim am Lerchensteig, mache auch direkt an den Sozialträger Creso. Letzterer ist in so einem Fall der richtige Ansprechpartner, seit knapp vier Jahren kümmert sich Creso um Wohnungslose in Potsdam. Drei Sozialarbeiter arbeiten dort als Streetworker – bekommen sie einen Hinweis, fahren sie zum genannten Standort und bieten ihre Hilfe an. „Aufsuchende Sozialarbeit“ nennt sich diese Form der Unterstützung. Am gestrigen Freitag feierte der Träger Sommerfest an seinem Standort in der Babelsberger Gartenstraße.
Etwa 80 bis 100 Kontakte pro Jahr zählt der Träger mittlerweile, also deutlich mehr als die 35 zu Beginn des Projekts. Schließlich dauere es eine Zeit lang, bis sich das Vertrauen zwischen Obdachlosen und Streetworkern entwickele, berichtet Sozialarbeiterin Katharina Ermen-Bausch. Außerdem wurde das Budget aufgestockt: Statt den 45 000 Euro in den ersten zwei Jahren gibt es nun 87 000 Euro Fördermittel von der Stadt. Unter anderem wurde damit bei Creso die Zahl der Streetworker von zwei auf drei aufgestockt.
„60 Prozent der Zeit sind wir auf der Straße, 40 Prozent im Büro“, berichtet Streetworkerin Tina Pelzl. Oft seien sie an den bekannten Orten wie dem Hauptbahnhof, dem Johannes-Kepler-Platz oder dem Ernst-Busch-Platz unterwegs, hinzu kämen die von Anwohnern oder Institutionen gemeldeten Fälle im Stadtgebiet. Nicht immer würden die Streetworker Pelzl zufolge mit offenen Armen empfangen. „Manche haben schlechte Erfahrungen gesammelt und wollen keinen Kontakt. Wer nicht will, wird in Ruhe gelassen, wir sind schließlich weder die Polizei noch das Ordnungsamt.“
Oft gibt es auch sprachliche Hürden, wie Kollegin Katharina Ermen-Busch hinzufügt. Dieses Problem habe sich in den vergangenen Jahren verschärft, weil deutlich mehr Obdachlose aus Polen, Kroatien oder Rumänien in der Stadt seien als früher. Einige wichtige Sätze haben sich die Streetworker deshalb zurückgelegt. Auf Russisch, Polnisch oder Rumänisch können sie zumindest fragen, ob Hilfe benötigt wird. Außerdem haben sie nun immer ein Tablet dabei, sodass sie mithilfe diverser Online-Lexika weiterkommen.
Ein zweites Creso-Team kümmert sich unterdessen um den Bereich Wohn- und Integrationshilfe. Drei Mitarbeiter unterstützen Menschen, die ihre Wohnung bereits verloren haben oder kurz davor stehen, wie die Potsdamer Standort-Leiterin von Creso, Andrea Piepenbreier, berichtet. Sie helfen, einen Finanzplan aufzustellen, Anträge auszufüllen oder auch einen Haushalt zu führen. Der angespannte Wohnungsmarkt in Potsdam habe die Arbeit in den vergangenen Jahren deutlich erschwert, sagt Piepenbreier. Schließlich stehe in der Stadt immer weniger günstiger Wohnraum zur Verfügung. Für Menschen, die wie die meisten in der Beratung bereits Mietschulden hätten, seien die Chancen da besonders schlecht. wik
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