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Landeshauptstadt: Sozialgericht: 10 000 unerledigte Fälle

Direktor Pfeil fordert personelle Aufstockung / Erste Entzerrung durch Eröffnung einer Nebenstelle

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Berliner Vorstadt - Potsdams Sozialgericht ist heillos überlastet. Seit Inkrafttreten des Hartz IV-Gesetzes im Januar 2005 habe sich die Zahl der Neuzugänge mehr als verdoppelt, sagt der Direktor des Gerichtes, Johannes Graf von Pfeil. Während das Sozialgericht noch vor vier, fünf Jahren durchschnittlich rund 3000 neue Verfahren jährlich hinzu bekam, waren es 2007 bereits 5766 Zugänge. Allein im ersten Halbjahr dieses Jahres liege die Zahl der neu angelegten Akten bei 3678. Direktor Pfeil rechne auf dieser Grundlage mit insgesamt 7500 neuen Verfahren am Jahresende.

Bei einer durchschnittlichen Verfahrensdauer von 14 Monaten, schöben Richter, Verwaltungsmitarbeiter und Servicekräfte einen immer größer werdenden Berg unerledigter Akten vor sich her. Schon jetzt seien 8800 Verfahren im Bestand. Das wachse bis Dezember noch auf 9500 bis 10 000 Fälle an, schätzt Johannes Pfeil, selbst Richter.

Um zumindest arbeitsorganisatorisch Raum zu schaffen, eröffnet das Potsdamer Sozialgericht mit Hauptsitz in der Rubensstraße heute eine Nebenstelle in der Berliner Straße 90. „Wir hatten im Haupthaus eine Kapazität erreicht, die das Gebäude einfach nicht mehr fassen konnte“, erklärt der Gerichtsdirektor. So seien mehrere Einzelzimmer doppelt belegt gewesen, einen der drei Verhandlungssäle und auch Beratungsräume habe man zu Verwaltungsräumen umfunktioniert. Mit den nun bezogenen rund 1000 Quadratmetern in der Berliner Straße sei jetzt Platz für je elf Richter und Servicekräfte in beiden Häusern. Außerdem werde die Zahl von derzeit zwei auf sechs Verhandlungssäle aufgestockt. In der Rubensstraße verbleibe Gerichtsleitung und Unterbau. „Meine Stellvertreterin sitzt in der Berliner Straße“, sagt Johannes Pfeil. Ein Umzug in Potsdams neues Justizzentrum in der Jägerallee sei nicht in Frage gekommen. „Das ist zu klein für alle Gerichtsbarkeiten“, so Pfeil.

Die räumliche Entzerrung helfe aber nur bedingt, das hohe Arbeitsaufkommen dauerhaft herunterzufahren. Mit derzeit 600 Verfahren im Dezernat pro Richter sei die Zumutbarkeit weit überschritten, mahnte der Direktor. Die Schallgrenze liege bei 400 Fällen. „Was wir brauchen, ist eine Aufstockung des Personals“, sagt Pfeil und spricht von 25 Richterstellen plus Servicekräfte, die nötig seien, um den Arbeitsanfall zu bewältigen. 17 Richter sind jetzt am Sozialgericht tätig, anderthalb Stellen kämen aktuell dazu. Besonders in den Verfahren, die das Sozialgesetzbuch II, sprich: Hartz IV betreffen, sei das Sozialgericht um schnelle Bearbeitung bemüht. Die Verfahrensdauer liege hier im Schnitt bei acht Monaten. Dadurch verlängerten sich automatisch die Verfahren in anderen Rechtsgebieten. Die liege bei Rentenfragen beispielsweise bei 16 Monaten. „Ich bezweifle aber, dass wir bei der derzeitigen Personallage unseren Schnitt überhaupt halten können“, sagt Direktor Pfeil.

Nicola Klusemann

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