Von Thomas Gantz: Spannung vor Schlüsselspiel
Die Handballer des 1. VfL Potsdam empfangen in der 2. Bundesliga am kommenden Freitag den Dessau-Roßlauer HV
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Im deutschen Handball war es zuletzt ein Dauerthema, wie sich auf Klubebene die Hierarchie einer erfolgreichen Mannschaft gestalten ließe. Sollten erfahrene Akteure um die 30 die Steuermänner sein oder – ähnlich wie im Fußball – spielstarke Mittzwanziger das Sagen haben? Braucht es unbedingt Helden aus fremden Ländern? Auf welcher Position sollte einer der Wortführer spielen?
Vor dem mit Spannung erwarteten Heimspiel der Zweitliga-Handballer des 1. VfL Potsdam am kommenden Freitag gegen den Dessau-Roßlauer HV (19.30 Uhr, Sporthalle Heinrich-Mann-Allee) finden sich rund um die Struktur beider Teams mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Beim Gastgeber, das zeigte sich erst vor einigen Tagen beim 27:22 bei den Füchsen Berlin II, tragen die Routiniers um Lars Melzer, Enrico Bolduan und Alexander Urban einen Großteil der Leistung. Beim Dessau-Roßlauer HV sind die drei auffälligsten Spieler der ersten Halbserie auch schon über 30: Torhüter Andreas Sprecher sowie die beiden Rückraumspieler Robert Lux und Michal Panfil. Die sportliche Qualität des kommenden Potsdamer Gastes erschöpft sich damit jedoch nicht. Matthias Rudow (26) und der beim SC Magdeburg ausgebildete Norman Flödl (21) bereiteten dem 1. VfL im mit 25:26 verlorenen Hinspiel „enorme Probleme“, wie sich Rüdiger Bones am gestrigen Dienstag erinnerte. Rudow bildet bei Dessaus Handballern gemeinsam mit Daniel Holtz (28) und Martin Pratersch (24) einen altersmäßigen Mittelbau, der beim VfL Potsdam mit Ausnahme Jörg Reimanns (26) nicht existiert.
Für das bevorstehende Kräftemessen muss dies jedoch nichts bedeuten. Der Spannungsgehalt der Partie macht sich vielmehr an der Tatsache fest, dass die Kontrahenten in der zweiten Bundesliga Nord gemeinsam mit der HSG Nordhorn-Lingen, Empor Rostock, TUSEM Essen und dem Wilhelmshavener HV zu den derzeit sechs Vereinen zählen, die um den für die neue eingleisige Zweite Liga berechtigenden Tabellenplatz neun kämpfen.
Angesichts der Brisanz der Partie verzichtet der VfL Potsdam diesmal auf eine Sonderaktion für das Publikum. „Das ist überflüssig. Das Spiel gegen Dessau ist ein Schlüssselspiel. Die Halle wird auch deshalb voll, weil es von Dessau zu uns nicht weit ist“, ist sich VfL-Geschäftsstellenleiter Hendrik Schorz sicher. Während sich die Situation im VfL derzeit relativ entspannt darstellt, steht der Tabellenzehnte von der Mulde gehörig unter Druck. In Dessau geht es um nicht weniger als die Bewahrung traditioneller Werte. Der Verein spielt seit 1995 in der zweiten Bundesliga Nord und zählt dort somit zum Inventar.
Im Bemühen, den drohenden Absturz in die Drittklassigkeit zu verhindern, baut der Verein für den Rest der Saison offenbar auf Hilfe aus Südosteuropa. Zwei Linkshänder aus Kroatien und Slowenien stehen vor einem Engagement in Dessau. Ihre Namen werden vom Verein derzeit noch wie eine geheime Verschlusssache behandelt. „Ich habe davon gehört. Ihnen fehlt als Nicht-EU-Ausländern jedoch noch eine Arbeitserlaubnis. Mal sehen, was bis zum Freitag passiert und ob die beiden bei uns dabei sein werden“, sagte Rüdiger Bones am Dienstag.
Der Trainer des VfL Potsdam achtet bei der Betrachtung der Tabelle übrigens bevorzugt auf die Anzahl der Minuspunkte. Bones: „Wir stehen vor einer sehr wichtigen Partie, die jedoch noch keinen vorentscheidenden Charakter hat. Für uns geht es darum, Dessau auf Distanz zu halten. Wir stehen immer noch am Anfang der Rückrunde, die Saison ist noch lang.“ Ungewiss blieb zu Wochenbeginn, ob der 1. VfL übermorgen auf Victor Pohlack zurückgreifen kann. Der 32-jährige Rückraumspieler meldete sich am Montag erkältet vom Mannschaftstraining ab.
Thomas Gantz
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