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Landeshauptstadt: Sparkurs statt „Vollgas“

Heizhaus Hans-Sachs-Straße wird nicht mehr von EWP betrieben / Genossenschaft: Energieverbrauch sinkt

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Brandenburger Vorstadt - Das Heizhaus Hans-Sachs-Straße wird nicht mehr von der Energie und Wasser Potsdam (EWP) GmbH betrieben. Die Wohnungsbaugenossenschaft (WBG) 1903 Potsdam e.G. hat den auslaufenden Vertrag nicht verlängert und diese Aufgabe nach Ausschreibung an die Berliner Firma „iFMA - Facility Management“ vergeben. Vorangegangen waren fast zweijährige Gespräche, in denen die EWP als teuerster Anbieter erst dann einen geringen Preisnachlass angeboten habe, als die Entscheidung bereits gefallen war, erklärt Johann Grulich, der Technische Vorstand der WBG.

Beim Heizhaus Hans-Sachs-Straße, das der „Nahwärmeversorgung“ von etwa 550 Genossenschaftswohnungen in der Brandenburger Vorstadt dient, handelt es sich juristisch um einen Sonderfall. In der Regel besteht für die Wohnungsunternehmen Anschlusszwang an die EWP. Wird die Neuvergabe durch die WBG 1903 also wohl zunächst ein Einzelfall bleiben, so macht sie aus der Sicht von Grulich doch deutlich, dass mehr Wettbewerb unter den Anbietern für die Mieter eine deutliche Entlastung bei den Betriebskosten bringen könnte, die durch die wachsenden Energie- und Wasserpreise zu einer „zweiten Miete“ geworden sind.

„iFMA“-Geschäftsführer Peter Schmikale legt Zahlen vor, wonach in dem Gebiet Hans-Sachs- / Meistersingerstraße nach Übernahme des Heizhauses im August 2006 eine Energieeinsparung von durchschnittlich 38 Prozent, für einzelne Gebäude sogar bis zu 53 Prozent erreicht worden sei. Dazu hätten simple Reparatur- und Wartungsarbeiten der Anlagen, auch in den Verteilerstationen, und die Optimierung des Betriebs der Kessel mit Nachtabsenkung und Einstellung auf die Außentemperaturen beigetragen. Der EWP hat Schmikale Beratung angeboten, durch einfache Maßnahmen in den Versorgungsanlagen könnten hier aus seiner Sicht bereits zehn bis 15 Prozent Einsparung erreicht werden.

Fragt sich der Laie, warum die EWP als Tochterunternehmen der Stadtwerke nicht selbst solche Anstrengungen unternimmt, sondern ihre Anlagen „auf Vollgas fährt“. Dies liege daran, dass sie ökonomisch auf den Verkauf von Gas fixiert sei, meint Johann Grulich. Je größer die verkaufte Menge, desto höher der Gewinn. Der neue Partner der WBG konzentriere sich dagegen auf die Einsparung von Energie und ziehe daraus seinen Nutzen. Diese Strategie würde sich auch für die EWP lohnen, einmal durch Entlastung der Mieter bei den Betriebskosten, andererseits durch Heizkostensenkung bei den öffentlichen Gebäuden. Die Genossenschaft werde in der Arbeitsgemeinschaft „Stadtspuren“ der Wohnungsunternehmen diese Idee weiter propagieren. Seitens der EWP war dazu keine Stellungnahme zu erhalten. Nach mehreren Nachfragen teilte Stadtwerke-Sprecher Stefan Klotz mit, man wolle sich zu dem „sehr komplexen Thema“ nicht äußern.

Noch sind längst nicht alle Einsparpotenziale erschlossen. Die WBG 1903 hat jetzt als erstes Potsdamer Wohnungsunternehmen mit Hilfe der „iFMA“ für das Gebiet Hans-Sachs- /Meistersingerstraße Energiepässe erarbeitet, wie sie ab 2008 für alle Immobilien vorgeschrieben sind. Sie wurden nicht im ebenfalls zulässigen vereinfachten, sondern im „detaillierten Verfahren“ berechnet. Sie beschreiben nicht allein den Ist-Zustand, sondern gehen vom Bedarf aus und enthalten Vorschläge zur weiteren Absenkung des Energieverbrauchs. Dazu zählen eine optimierte Warmwasserbereitung, die Isolierung von Rohrleitungen, Wärmedämmung von Fassaden, Treppenhauswänden, Keller- und Geschossdecken, der Einbau neuer Fenster sowie das Schließen unnötiger Abluft- und Lüftungsöffnungen. Bis zu 300 000 Euro will die „iFMA GmbH“ dafür investieren. Möglich sei auch je nach der Preisentwicklung der Wechsel des Brennstoffs zwischen Gas, Erdöl oder später Rapsöl.

Johann Grulich will nicht falsche Hoffungen wecken. Da sich die Preisspirale bei Erdgas und Heizöl weiter drehe, würden durch die Umstellung keine nennenswerten Entlastungen für die Wohnungsnutzer der WBG herausspringen. „Wir werden dadurch aber die Heizkosten in diesem Jahr stabil halten“, sagt der WBG-Vorstand. Erhart Hohenstein

Erhart Hohenstein

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