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Landeshauptstadt: Spaß im Keller

Beim Schlagzeugspielen braucht man kein schönes Wetter. Besuch eines Ferienpass-Workshops

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Beim Schlagzeugspielen braucht man kein schönes Wetter. Besuch eines Ferienpass-Workshops Eigentlich ist ihnen egal, ob draußen die Sonne scheint oder nicht. Draußen, wo die Skateboard-Fahrer unter wolkenverhangenem Himmel ihre Kurven drehen, ist sowieso Lichtjahre entfernt. Die sechs Jungs aus dem Jugendklub j.w.d. in Babelsberg sitzen im Keller hinter dem Schlagzeug, mit Sticks in der Hand, jederzeit bereit loszulegen, wenn Tom, der Lehrer, den Taktgeber einschaltet. In fünf Tagen Schlagzeugspielen–Lernen haben sich Robert, Lukas I, Lukas II, Julius, Marian und Willy vorgenommen. Um 14 Uhr ist Startzeit, genug Zeit zum Ausschlafen, Gammeln, Frühstücken. Tom ist gerade Praktikant im Klub und Sozialarbeit-Student an der Fachhochschule. Er hat sie auf den Workshop hingewiesen. Sie hätten ihn auch im Potsdamer Ferienpass finden können. Klar waren sie sofort dabei, sie hatten nichts B-öesseres vor. Sind nicht wie rund 50 Prozent der Deutschen (laut Forsa-Umfrage) nach Kreta, Mallorca oder sonst wohin gereist. Die meisten von ihnen verbringen ihre Ferien in Potsdam, oft im Klub. Julius bekommt statt Urlaub vielleicht Geld für ein Schlagzeug, erzählt er. Alles top an diesem verregneten Juli-Nachmittag. Man kann es sehen und hören. Lehrer und Schüler, das passt. Eins, zwo, drei, vier, zählt Tom ein. Er kennt sich aus, spielt Schlagzeug in zwei Bands, „Goodall“ und „Me private“, hat ab und zu mal Schlagzeug unterrichtet. Die elektronischen Beats aus der Box mischen sich mit dem rhythmischen Schlägen auf Trommeln und Pauken. Allgemeines Ganzkörperwippen. Super Stimmung. Der Klub hat drei Schlagzeuge gemietet, für mehr Sets war kein Geld da. Für die Hälfte der Gruppe heißt das jetzt erstmal Pause machen, Julius, Marian und Willy warten oben an der Kellertreppe, trinken Cola, gucken den Skatern zu, quatschen. Unten ist reden unmöglich, man versteht sein eigenes Wort nicht mehr. Willy zieht sich beim Proben Kopfhörer auf, die anderen haben sich am ersten Tag Ohropax und Taschentücher in die Ohren gestopft. Inzwischen haben sie sich an den Krach gewöhnt. Eigentlich ist es völlig überflüssig, zu fragen, wie sie den Kurs finden. Toll, sagen sie, wie erwartet. Sie wollen weitermachen, ganz klar, Rockmusik. „So wie Tom“, sagt Marian. Auf ihren T-Shirts steht Kurt Cobain, Nirvana. Idole haben sie aber keine, sagen die Jungs. Tom stellt sich dazu, grinst zufrieden unter seiner offenen Schirmmütze. Ein Super-Team, lobt er. „Gestern hatten sie noch keine Ahnung vom Schlagzeug spielen, heute kriegen sie schon einfache Beats hin.“ Am ersten Tag hat er den Jungs die Basics beigebracht. Sie haben sich die Schlagzeug-Sets angeguckt, geübt, wie man die Sticks hält, wie man schlägt. Sie spielten die ersten Beats, als Trockenübung, auf kleinen Trommeln, dann am Set. Mit dem elektronischen Taktgeber kann man schon am Anfang ganz nette Töne hinkriegen, sagt Tom. Schon das Rhythmus-Üben hört sich gut an. „Das motiviert.“ Wieder im Keller korrigiert er die Musikmacher: Gerade sitzen, locker bleiben, mit Gefühl schlagen. „Wenn ihr einen sauberen Takt hinkriegen wollt, müsst ihr immer den gleichen Punkt treffen“, erklärt er, Schul-Schlagzeuge haben extra Aufsatz-Wände, man muss mit den Sticks den Spalt dazwischen treffen. Die drei Instrumente im Keller sind normale Drums, ohne Schlaghilfe. Aber es geht auch so. Man muss sich nur konzentrieren. Marian kriegt es ganz gut hin, immer wieder den gleichen Ton. Er hat den Beat drauf, kann den Klick aus den Lautsprechern nicht mehr hören. Am nächsten Tag kommen zwei Musiker aus der Band von Tom vorbei, ein Gitarrist, ein Bass-Spieler, dann steht der erste Song auf dem Programm. „Cool“, finden die Jungs. „Ein Jahr täglich Proben, so lange braucht man, bis man fit für eine Band ist,“ sagt Tom. Keiner der Jungs scheint beeindruckt. Was ist ein Jahr. Sie überlegen viel mehr, wo sie in Zukunft spielen können. Egal, ob der Sommer nun endlich kommt oder nicht, sagen sie. In schalldichten Räumen , kriegen sie davon sowieso nicht viel mit.

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