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Landeshauptstadt: Spatensticheleien für zwei Trambrücken

Auftakt für Verkehrs-Neugestaltung der Potsdamer Mitte / Die Andere vergoss „Spur der Tränen“

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Innenstadt - Begleitet von Zwischenrufen und Protestaktionen insbesondere der Wählergruppe Die Andere wurde gestern offiziell der erste Spatenstich für zwei neue Straßenbahnbrücken über die Neue und die Alte Fahrt zelebriert. Die eigentlichen Bauarbeiten für die Trambrücke parallel zur Langen Brücke beginnen nach Angaben von Sanierungsträgerchef Erich Jesse erst nach den Osterfeiertagen, nach dem 24. März 2008. Der erste Spatenstich ist der Auftakt für die Verkehrsumgestaltung der Potsdamer Mitte im Zuge des Landtagsneubaus und der Wiederbebauung des Ufers der Alten Fahrt. Nach Brückenfertigstellung Ende 2009 wird die Straßenbahn die Mitte passieren können, ohne eine Straße zu kreuzen. Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) nannte die Wiedergewinnung der 30 Hektar großen Potsdamer Mitte „eine schöne Herausforderung“, die nicht viele Städte zu meistern hätten. Jedoch werde es „temporäre Benachteiligung“ für die Verkehrsteilnehmer geben: Dem Sanierungsträger zufolge werde in den Morgenstunden des 15. März die Friedrich-Ebert- Straße gesperrt. Die archäologischen Untersuchungen werden auf den heutigen Kreuzungsbereich ausgedehnt. Im Weiteren wird die Straße um einen Meter abgesenkt, damit der Landtagsneubau auf dem historischen Höhenniveau errichtet werden kann. Die Friedrich-Ebert-Straße erhält eine komplette Neugestaltung, der Straßenquerschnitt wird wesentlich reduziert. Weiterhin führt die Trasse der Breiten Straße künftig an der neuen Stadtwand am Hotel Mercure entlang, um das Baufeld des Landtages freizulegen. Parallel zum Straßenbau erfolgt die Neuverlegung der Straßenbahntrasse zwischen der Babelsberger Straße und der Straße Am Kanal, eine etwa 900 Meter neue zweigleisige Tramstrecke inklusive Fahrleitungsanlagen werden laut Sanierungsträger verlegt.

Das Land Brandenburg fördert den Neubau der Trambrücken mit zehn Millionen Euro, wie der Abteilungsleiter Verkehr im Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung, Ulrich Mehlmann, erklärte. Er betonte, die Förderanträge der Stadt Potsdam seien sehr genau geprüft worden. Die den Anträgen zugrunde liegende Kosten-Nutzen-Rechnung wird von der Stadtfraktion Die Andere scharf kritisiert. Das Gutachten weist einen positiven gesellschaftlichen Nutzen der Brücken nach. Der Mathematikdidaktiker Prof. Wolfram Meyerhöfer (Die Andere) erklärte, „es wurde eine Modulierung vorgenommen, die nicht funktioniert“. Gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Peter Appelbaum kritisierte er gestern einen Missbrauch der Mathematik durch die Politik und eine allgemeine Haltung à la „oh, da hat jemand etwas gerechnet, dann muss es auch richtig sein“, so Meyerhöfer. Er forderte den Oberbürgermeister auf, sich das Gutachten anzusehen, dieser sagte Gesprächsbereitschaft zu.

Mitglieder von Die Andere legten gestern aus Protest gegen die Fördermittelvergabe zugunsten der Trambrücke eine „Spur der Tränen“ vom Landesrechnungshof zum Ort des ersten Spatenstichs. Dazu verwendeten sie kleine Gießkannen, die sie mit Wasser aus dem Stadtkanal gefüllt hatten. Dazu Die-Andere- Fraktionsgeschäftsführer Lutz Boede in Anspielung auf die Kanalwasserqualität: „Ich ekle mich selbst ein wenig.“ Die frisch von den ersten Spatenstichen aufgeworfene Erde begossen sie umgehend mit ihren „Tränen“, ein Wählergruppenmitglied hielt einen Zettel hoch. Darauf stand: „Danke PDS“. Die Linke hatte dem Bebauungsplan für den neuen Landtag zugestimmt.

Bauherr für den Neubau der Trambrücken ist der Potsdamer Verkehrsbetrieb ViP; die Gesamtkoordination der Wiederbebauung der Potsdamer Mitte obliegt dem Sanierungsträger. Dessen Chef Erich Jesse erklärte, der Landtag, das Havelufer, der Tiefbau, die Leitungen, die Straßen und Brücken hätten ein Gesamtvolumen von 195 Millionen Euro. 500 Bauarbeiter würden für die Dauer von vier Jahren Arbeit haben. Dann langte Jesse zurück: Als Galileo Galilei dem Papst erklären sollte, dass die Erde rund ist, da habe alle Welt geglaubt, sie sei eine Scheibe. Jesse: „Herr Meyerhöfer, ich begrüße Sie auf der Scheibe.“

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