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Aus dem GERICHTSSAAL: „Spätkauf“ überfallen – ohne Erfolg Verkäuferin verweigerte Herausgabe des Geldes

Karsten K.* (33) war verzweifelt über die Trennung von seiner Freundin, wieder einmal betrunken, ohne Wohnung, Arbeit und Geld.

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Karsten K.* (33) war verzweifelt über die Trennung von seiner Freundin, wieder einmal betrunken, ohne Wohnung, Arbeit und Geld. Da beschloss er am Abend des 28. April, den „Spätkauf“ an der Ecke Zeppelin-/Geschwister-Scholl-Straße zu überfallen. Mit der couragierten Verkäuferin hatte der mehrfach Vorbestrafte nicht gerechnet. Sie verweigerte ihm kategorisch den Kasseninhalt, rannte dann aus dem Laden, um Hilfe zu holen.

Das Schöffengericht unter Vorsitz von Reinhild Ahle verurteilte Karsten K. am Mittwoch wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Es ging von einem minderschweren Fall aus, da der Angeklagte sich nach der Tat selbst bei der Polizei stellte. Die Verkäuferin hatte den Kunden, der plötzlich mit einer Schreckschusspistole herumfuchtelte, nicht besonders ernst genommen. Sie hatte nicht einmal Anzeige erstattet.

„Er sagte mit verstellter Stimme: Gib Geld. Dabei zielte er mit der Waffe auf die Kasse. Ich antwortete: ,Nee, Geld gibt es nicht“, erzählte die 27-Jährige im Zeugenstand. „Das wiederholte sich dann noch einmal. Der Mann war total nervös. Er wirkte, als ob er nicht weiß, was er als Nächstes tun soll.“

„Ich wünschte, ich hätte diesen Mist nicht gemacht. Es ist gut, dass Sie so reagiert haben“, wandte sich Karsten K. an die Verkäuferin. Zuvor hatte der im Lerchensteig Lebende ein umfassendes Geständnis abgelegt. „Es war wie im Film. Ich hatte den ganzen Tag über getrunken, ungefähr zehn Bier und eine Flasche Likör. Eigentlich wollte ich die Schreckschusspistole verkaufen, um an Geld zu kommen. Aber ich habe niemanden gefunden, der sie haben wollte“, berichtete der Angeklagte. „Auf einmal stand ich in dem Laden. Als die Verkäuferin auf die Straße lief, bin ich auch gegangen, aber ganz langsam. Ich dachte, gleich kommt die Polizei.“ Doch nichts geschah. Zwei Tage später habe er sich selbst angezeigt. „Es tut mir leid, was ich gemacht habe. Das ist doch etwas anderes als ein Ladendiebstahl“, bekannte Karsten K. reumütig. „Ich war total baff, dass ich nicht in Untersuchungshaft gekommen bin.“

Inzwischen sei er dabei, sein Leben zu ändern, versicherte der Hartz-IV-Empfänger. Derzeit lebe er zwar noch im Obdachlosenheim, sein Ziel sei allerdings, in einer betreuten Wohngemeinschaft der Diakonie unterzukommen. Er habe eine vierwöchige Alkohol-Entgiftung hinter sich, besuche regelmäßig eine Selbsthilfegruppe für Suchtkranke. „Jetzt warte ich auf einen Platz in der Tagesklinik, um endgültig vom Alkohol wegzukommen. Dann könnte ich auch wieder bei der Freiwilligen Feuerwehr und als Pferdepfleger tätig sein.“

Das Gericht verpflichtete den Angeklagten, während der dreijährigen Bewährungszeit alle Anstrengungen zu unternehmen, um „trocken“ zu werden. Zudem muss Karsten K. binnen eines halben Jahres 60 Stunden unentgeltlich arbeiten. (*Name geändert.) Hoga

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