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Landeshauptstadt: Spatzen machen sich rar

Zahl der Vögel sinkt: Ornithologen um Manfred Miethke wollen Sperlinge in der Stadt halten

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Die Zeit, als sich Schwärme von Spatzen an Haltestellen und Imbissbuden laut schilpend um Krumen balgten, ist vorbei. 2002, als der Sperling „Vogel des Jahres“ war, ergab eine Zählung in Berlin einen Rückgang um 40 bis 50 Prozent. Auch in der Potsdamer Innenstadt macht sich der Allerweltsvogel rar. „Der Sperling ist jedoch Bestandteil der heimischen Vogelwelt und verdient den gleichen Schutz wie die wegen ihres bunten Gefieders geliebten Meisen“, sagt der Potsdamer Ornithologe Manfred Miethke.

Für die sinkende Zahl von Sperlinge gebe es vielfältige Ursachen: Bei Haussanierungen werden als Nistplatz dienende Spalten und Hohlräume geschlossen. „Bunte“, also artenreiche Wiesen, die den Jungvögeln Insektennahrung bieten, verschwinden immer mehr aus dem Stadtbild. Gleiches treffe auf unbefestigte Wege zu, auf denen die Sperlinge in Pfützen baden und an sandigen Stellen ein Staubbad gegen ihre Parasiten nehmen können. Nicht viel anders sei dies im ländlichen Umland, wo zunehmend Straßen und Hofflächen gepflastert werden. Auch die Hühnerhaltung, eine Futterquelle für die Spatzen, gehe zurück.

Miethke setzt sich mit der Fachgruppe Ornithologie des Naturschutzbundes (Nabu) dafür ein, dass Potsdam der muntere Vogel erhalten bleibt. Die Chancen dafür ständen gar nicht so schlecht. „In Neubaugebieten mit vielen kleinen ,grünen Inseln’ sind durchaus noch Spatzenschwärme zu sehen“, hat er beobachtet und nennt den Schlaatz und die Waldstadt als Beispiele. Die Fachgruppe setzt sich dafür ein, dass diese Anlagen mit einheimischen Sträuchern wie Feuerdorn oder Haselnuss bepflanzt werden, die den Vögeln als Unterschlupf dienen. An Giebeln könnten auch Nisthilfen wie das Sperlingskoloniehaus 1 SP angebracht oder hohle Einbausteine eingefügt werden. Sie sind im Handel erhältlich. Bei bereits abgeschlossenen Haussanierungen sieht der Vogelschützer allerdings wenig Chancen für eine derartige Nachrüstung. Stärker wolle man auf Bauherren und die von ihnen beauftragten Planungsbüros zugehen, die Altbauten sanieren oder Siedlunghäuser errichten. „Gerade die Haushinterfronten sind günstig für den Einbau solcher Nisthilfen“, erklärt Miethke. „An den dort einziehenden Sperlingen, vielleicht Meisen, Rotschwänzchen oder sogar einem der seltenen Trauerschnäpper werden die Bewohner ihre Freude haben.“

Doch auch von Amts wegen hilft die Stadt, den Vogelbestand zu erhalten. Jeder Bauherr muss eine naturschutzrechtliche Genehmigung einholen, mit den dafür notwendigen Gutachten wird oftmals Miethke als Artensachverständiger beauftragt. Wenn durch den Bau Nistmöglichkeiten schützenswerter Tiere entfallen, werden Auflagen zur Schaffung von Ersatzquartieren erteilt. Bei deren Durchsetzung gibt es laut Manfred Miethke nur in Einzelfällen Schwierigkeiten mit den Wohnbaugesellschaften, Genossenschaften oder privaten Bauherren. „Beim Schutz beispielsweise der Mauersegler und der Fledermäuse sind wir erfolgreich“, bilanziert der Ornithologe. „Bei Höhlenbrütern, zu denen die Sperlinge gehören, besteht noch ein Nachholbedarf.“ Doch auch daran wird gearbeitet. So sollen die acht Sperlingspaare, die im Vordach der Lieferzufahrt zum Marktcenter nisten und dort Schäden verursachen, der Innenstadt erhalten bleiben. Die Marktleitung wird für sie auf Vorschlag Miethkes am Dachgarten des Gebäudes Nistkästen anbringen. Erhart Hohenstein

Erhart Hohenstein

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