Landeshauptstadt: SPD-Fraktion wirft Kirsch nicht raus Zwei-Drittel-Mehrheit um eine Stimme verfehlt /
Vertrauensfrage: Votum für Fraktionschef Schubert
Stand:
Potsdams SPD-Fraktion hat Wolfhard Kirsch nicht rausgeworfen – und sie will weiter von Kirsch-Kontrahent Mike Schubert geführt werden. Dies ist das Ergebnis der gestrigen Fraktionssitzung. Das Ausschlussverfahren gegen Kirsch scheiterte an einer Stimme: Sieben SPD-Stadtverordnete votierten in geheimer Abstimmung für den Rauswurf, drei dagegen. Die Stadtverordnete Monika Keilholz nahm „aus gesundheitlichen Gründen“ nicht an der Sitzung teil. Damit war die für den Fraktionsausschluss nötige Zwei-Drittel-Mehrheit verfehlt.
Fraktionschef Mike Schubert, der nach einem Beschluss des obersten Parteigremiums der Potsdamer SPD das Verfahren gegen Kirsch angestrengt hatte, stellte nach der Abstimmungsniederlage die Vertrauensfrage. Ergebnis: Neun Genossen stimmten für Schubert, einer enthielt sich – eines der besten Ergebnisse für Fraktionschefs der Potsdamer SPD. Schubert erklärte im Anschluss, er erbitte sich Bedenkzeit zumindest bis Donnerstag, wie er mit dem Votum umgehe, und wolle dies im Unterbezirksvorstand der Partei besprechen. Über die „völlig auseinander laufenden Voten“ sei er „reichlich konsterniert“, so Schubert. Die Entscheidung gegen den Kirsch-Rauswurf sei offenbar eine „menschliche Frage“ und die Ansicht, „eine Volkspartei muss das abkönnen“. Politisch teile niemand in der Fraktion Kirschs Haltung im Uferstreit am Griebnitzsee.
Daran hatte sich der Streit der Fraktion mit ihrem Stadtverordneten, der erst am 2. November 2005 für die Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein nachgerückt war, entzündet. Kirsch wird in der Begründung zum Fraktionsausschluss unter anderem vorgeworfen, als Eigentümer eines See-Grundstücks mit privaten Klagen gegen den „Konsens der SPD-Fraktion“ für einen freien Uferweg gehandelt zu haben. Kirsch stellt in seiner Antwort auf den Vorwurf fest, er klage nicht gegen die „Durchwegung“, sondern sei „nach wie vor“ dafür. Allerdings müssten die Eigentümer für den Verlust ihrer Seegrundstücke entschädigt werden. SPD-Mitglieder fühlten sich mehrmals von Kirsch getäuscht, da er sich für einen öffentlichen Uferweg am Griebnitzsee ausgesprochen hatte, aber gleichzeitig per Klage gegen die Stadt einen Zaun mit Toren auf seinem Grundstück über den Uferweg bis zum Wasser durchsetzen wollte. Diese Klage habe er zurückgezogen, schreibt Kirsch – aber eine neue angestrengt, um den Status seines Gartens als Gartenland zu klären.
Gestern erklärte der langjährige Parlamentarier Helmut Pryszibilski nach dem fehlgeschlagenen Ausschluss von Kirsch seinen Rücktritt aus dem Fraktionsvorstand – als Grund soll er angegeben haben, sich seinem Babelsberg SPD-Ortsverein verpflichtet zu fühlen. Dieser hatte Kirsch am vergangenen Donnerstag aufgefordert, sein Stadtverordnetenmandat niederzulegen. Allerdings erst, nach dem in der Mitgliedersammlung zuvor für Kirsch votiert worden war.
Kirsch kommentierte die Entscheidung zu seinen Gunsten so: „Ich habe gesagt, wir regeln es in der Fraktion, und wir haben es in der Fraktion geregelt.“
Schubert zeigte sich gestern entrüstet darüber, dass Kirsch ihm eine vorformulierte Gegendarstellung übergeben habe, mit dem er einen Bericht in einer Boulevardzeitung richtig stellen solle. Schubert wurde dort mit den Worten zitiert, Kirsch habe „uns immer wieder belogen und getäuscht“. Er habe nicht von einer Lüge gesprochen, so Schubert.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: