Landeshauptstadt: Speicherstadt: Baustart dieses Jahr
Wiener Architekt plant Passivhaus / Denkmalgeschützte Speicher sollen zu Wohngebäuden werden
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Templiner Vorstadt - In der Speicherstadt scheint endlich der Durchbruch geglückt. Nach jahrelangen verfehlten Planungen soll dort noch 2007 der Wohnungsbau beginnen. „Wir stehen kurz vor dem Bauantrag“, sagt Ulrich Peickert, der für die „Speicherstadt Potsdam GmbH“ das Wohnprojekt koordiniert. Die private GmbH und der städtische Unternehmensverbund Pro Potsdam sind die Eigentümer des größten Teils der seit Jahren verfallenden Speicherstadt. Pro Potsdam hatte Anfang des Jahres die Grundstücke der Mühlen GmbH gekauft, die im Besitz eines größeren Teils des sieben Hektar großen Areals war. Für die Speicherstadt soll nach Willen der Stadt nun ein Masterplan erarbeitet werden. Dabei müssten die Planungen der Speicherstadt GmbH und die der Stadt – sie will ein Zentrum mit Gewerbe, Wohnen und Kongress-Nutzung am Wasser entwickeln – in Einklang gebracht werden.
Wie Herbert Knoblich gestern vor Ort erklärte, gebe es deutschlandweit großes Interesse für das Projekt, das völlig auf die energetische Nutzung fossiler Quellen verzichte. Der ehemalige Landtagspräsident führte am Ostermontag eine Gruppe von Architekten und Architekturstudenten der Universität Grenoble über das Gelände. Die Gäste interessierten sich insbesondere für die Durchwegung des Areals bei gleichzeitiger Wohnnutzung. Knoblich erklärte, dass neben Bootsanlegern ein Radweg und ein fußläufiger Uferweg vorgesehen seien.
Kernstück des ersten Bauabschnitts ist der Umbau des „Hampel/Schinkel-Speichers“. Das Gebäude, 1835 von Karl Hampel und im oberen Teil von Karl Friedrich Schinkel erbaut, liegt unmittelbar am Wasser und ermöglicht mit seinem Tragwerk aus Holzbalken die Einrichtung individueller Wohnräume. Zwei-Zimmer-Wohnungen mit einer Fläche bis 90 Quadratmetern und Fünf-Raum-Wohnungen bis zu 150 Quadratmetern sollen darin entstehen. Insgesamt sind 30 Wohneinheiten vorgesehen. „Es ist ein komplizierte Aufgabe, aus Kaltbauten Warmbauten zu machen“, beschreibt Peickert das Hauptproblem. Denn bei dem massiv aussehenden Klinkerbau handelt es sich um eine filigrane Fachwerkkonstruktion, die eine Innendämmung erfordert. Wie Knoblich erklärte, könne die energetische Versorgung der Speicherstadt durch Einspeisung von Biogas aus Potsdam-Mittelmark in das Erdgasnetz besonders günstig gestaltet werden.
Der erste Bauabschnitt umfasst neben dem Schinkel/Hampel-Speicher die ehemaligen Futter- und Getreidespeicher, erbaut von Wilhelm Bölcke, sowie ein „Passivhaus“ auf der Fläche eines abgerissenen Speichers in unmittelbarer Nähe des Wasserwerk-Geländes an der Leipziger Straße. Wie Peickert erläuterte, liefere der Wiener Architekturprofessor Martin Treberspurg die Pläne für den Neubau. Die nach Süden ausgerichteten Wohnungen bedürfen keiner aktiven Heizung; die Wärme werde durch Nutzung von Sonnenenergie über die Lüftung gewonnen. Pro Quadratmeter soll dieses Bauwerk lediglich 25 Kilowattstunden im Jahr verbrauchen. Beim Hampel-Schinkel-Speicher nennt Knoblich einen Energieverbrauch von 40 Kilowattstunden pro Jahr und Quadratmeter. In den Bölcke-Speichern direkt an der Leipziger Straße entstehen fünf Maisonette- und acht Zwei-Zimmer-Wohnungen. Der erste Bauabschnitt umfasst den südlichen Teil der Speicherstadt ohne den das Stadtbild prägenden Persiusspeicher. Unter dem Platz zwischen diesem und dem Hampel-Schinkel-Speicher ist eine Tiefgarage vorgesehen. Wie Peickert informierte, sei der „Baupreis“ bei Ausbau der historischen Gebäude mit 1600 Euro pro Quadratmeter höher als bei einem Neubau. Wie hoch der Kaufpreis ausfällt, stehe noch nicht fest. Die Standsicherheit der fast zweihundert Jahre alten Baudenkmäler, die zum Teil auf Eichenpfählen gegründet sind, beurteilt der Architekt als hervorragend. „Wir haben Gründungspfähle geprüft und dabei festgestellt, dass sie so gut aussehen, als wären sie erst gestern in den Boden gerammt worden.“
Zur Attraktivität des Wohnquartiers dürfte der Ausbau des Hafenbeckens mit teils zweistöckigen Bootsanlegern und die Verkehrsberuhigung der Leipziger Straße beitragen. Letztere soll als Einbahnstraße stadtauswärts nur noch 20 Prozent des heutigen Verkehrs haben.
Günter Schenke
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