Landeshauptstadt: Spezieller Service
Karl-Friedrich Lentze möchte in Potsdam ein „einzigartiges Erlebnis-Restaurant“ betreiben
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Karl-Friedrich Lentze möchte in Potsdam ein „einzigartiges Erlebnis-Restaurant“ betreiben Karl-Friedrich Lentze ist empört. Schließlich geht es um seine Kunden. Und die sollen es gut haben in seinem Nobelrestaurant mit dem viel versprechenden Namen „Zum Paradies“. Im April wandte sich der 56jährige Berliner an das Potsdamer Gewerbeamt, um eine Genehmigung für den Betrieb eines „größeren Gourmet-Restaurants der gehobenen Klasse“ zu erhalten. Doch keine Reaktion, obwohl sich Lentze von seiner Idee größtmöglichen Erfolg versprach, von dem selbst Potsdam profitiere. Er verfasste eine Dienstaufsichtsbeschwerde, geißelte die „unangebrachte Ignoranz“, die „jegliche Initiative im Keim“ ersticke und seinem „einzigartigen Erlebnis-Restaurant“ keine Chance gäbe. Doch das Gewerbeamt hält sich weiterhin zurück. Vielleicht liegt das ja an Lentzes Verständnis von „Erlebnis-Restaurant“. Hartmut Kreft von der Stadtverwaltung Potsdam findet klare Worte für Lentzes Anliegen: „Wir wollen uns nicht lächerlich machen und Zeit zu verschwenden haben wir auch nicht“. Denn ausschließlich um das leibliche Wohl seiner Gäste geht es dem Restaurantbetreiber im Geiste nicht. Erotik, das ist der „Extra-Service“, den Lenzte in seinem Gourmettempel, zugänglich erst ab dem 18. Lebensjahr, anbieten möchte. Für die Besucher bestehe „die Möglichkeit der diskreten oralen bzw. manuellen Befriedigung unterm Tisch, während sie ihr Essen genießen“, steht in seinem Antrag an das Gewerbeamt. Natürlich nur durch „speziell geschultes Personal“. Von „verdecktem Bordellbetrieb“ könne keine Rede sein, so Lentze, denn schließlich soll der spezielle Service nicht berechnet werden. Aber ganz umsonst soll das Vergnügen auch nicht sein. Ein Barbetrieb sei nicht geplant, denn das könnte Spanner anlocken. Und die will Lentze im „Zum Paradies“ natürlich nicht haben. Für die Speisen muss tief in die Tasche gegriffen werden, soviel ist Karl-Friedrich Lentze klar. Mehr aber noch nicht. Angesprochen auf die Küche hält er sich ebenfalls zurück. Edel, das soll sie sein. Und die genauen Preise? Da hat er sich auch noch keine Gedanken gemacht „500 Euro vielleicht? Was meinen Sie“, fragt er unschlüssig zurück. Bei dem „speziell geschulten Personal wird er dann schon konkreter. „Entweder Servicekräfte oder Kellner, die gerade nichts zu tun haben.“ Potsdam als Touristenhochburg, so glaubt Lentze, garantiere bald schwarze Zahlen. Wer und warum ausgerechnet in die Stadt an die Havel kommen soll, um nicht nur einen kulinarischen Höhepunkt zu erleben, das weiß Lenzte genauso wenig, wie die Größe und den Ort, an den „Zum Paradies“ die Gästescharen locken soll. So langsam entwickelt man Verständnis für die Reaktion von Hartmut Kreft. Herr Lentze, kann es sein, dass Sie hier nur Schabernack treiben? Karl-Friedrich Lentze besteht auf die Ernsthaftigkeit seines Projekts. Schließlich sei er in dieser Hinsicht ein regelrecht bunter Hund. Da hat er recht. Zur Erotik hat der Wahlberliner ein ganz besonderes Verhältnis. Da unterscheidet er auch nicht zwischen Mensch und Tier. Der selbst ernannte Aktionskünstler sorgt in regelmäßigen Abständen mit seinen eher eigenwilligen Projekten für Aufsehen. Ob seine Anfrage vor zwei Jahren bei der Bundesagentur für Arbeit, um das von ihm entworfene neue Berufsbild des Sexpuppentesters vorzustellen oder die Einrichtung eines erotischen Massagesalons für Hunde im Hamburger Viertel St. Pauli, Lentze weiß, wie er im Gespräch bleibt. Mal besteht er auf eine Beerdigung mit seiner Sexpuppe Susi, dann wieder will er sich nach seinem Ableben als Piranhafutter verwertet wissen. Ein anderes Mal fordert er die Verbannung aller Orang-Utans aus deutschen Zoos. Doch nicht Tierschutzgedanken bewegen ihn, das „hemmungslose“ Onanieren der Menschenaffen vor den Zoobesuchern stört den sonst so Sexbeflissenen. Bevor Lentze mit seinem „einzigartigen Erlebnis-Restaurant“ sich auf Potsdam konzentrierte, hatte er in Berlin die Genehmigung für ein Hunde-Bordell beantragt. Was für Menschen gelte, das dürfe auch niemand Tieren vorenthalten, so seine Begründung. Mit seinem neuesten Projekt will er den desolaten Finanzhaushalt der Bundeshauptstadt sanieren: Mit der „Beischlaf- bzw. Onaniebesteuerung“. Wer sich in Berlin den fleischlichen Gelüsten, ob eheliche oder nicht, hingeben will, der soll zahlen. Denn an Grundbedürfnissen, ist sich Lentze sicher, spart der Mensch nie. Ein Anschreiben an die Senatsverwaltung für Finanzen hat er schon verschickt. Wir dürfen gespannt sein. Dirk Becker
Dirk Becker
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