Landeshauptstadt: Spiegel der Mieten
Potsdam legt „qualifizierten Mietspiegel“ als Leitfaden für Mieter und Vermieter vor, „Kaltmieten steigen“
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Der qualifizierte Mietspiegel wird für höhere Mieten in der Stadt sorgen. Wie der Vorsitzende des Brandenburger Mieterbundes, Dr. Rainer Radloff, gestern während der Vorstellung des Mietpreisleitfadens sagte, „werden die Mieterhöhungsbegehren kommen“. Schon in den vergangenen sechs Jahren stiegen die Kaltmieten im Schnitt um bis zu 1,14 Euro je Quadratmeter, vor allem kleinere und preiswerte Wohnungen seien aufgrund der erhöhten Nachfrage teurer geworden. Der Preis für eine Wohnung von 65 Quadratmetern im sanierten Zustand stieg in der Landeshauptstadt laut dem neuen Mietspiegel von durchschnittlich 4,60 Euro auf nunmehr 5,09 Euro pro Quadratmeter. In der Stadt Potsdam gibt es zirka 80 000 Wohnungen: 45 000 in Privatbesitz, 16 000 bei den Genossenschaften und 19 000 kommunale Wohnungen.
Horrende Mieterhöhungen bräuchte jedoch kein Mieter zu befürchten, sagte Radloff. Der Gesetzgeber habe Pfeiler gesteckt, in denen sich der Vermieter bei einer Mieterhöhung zu bewegen habe. Die Kaltmiete könne innerhalb von drei Jahren höchstens um 20 Prozent erhöht werden und sei nur in den Grenzen der im Mietspiegel veröffentlichten Preisspanne zulässig, so Radloff. Der seit gestern aktualisiert vorliegende Vergleich ortsüblicher Mieten soll als Richtwert bei Vermietungen im gesamten Stadtgebiet, also auch in neuen Ortsteilen gelten, teilte die Verwaltung mit. Da sowohl die Vertreter der Vermieter und Mieter sowie der Potsdamer Wohnungsunternehmen und -genossenschaften den Mietspiegel mit ihrer Unterschrift anerkannt haben, gilt er als „qualifiziert“ und bei Rechtsstreiten als Beweismittel. Gunter Knierim, Vorsitzender des Verbandes der Haus- und Grundeigentümer Potsdam, sagte: Ein Spiegel der Miete soll Streit verhindern.
15 620 Potsdamer Mietdaten seien bei der Bearbeitung des Mietspiegels zu Rate gezogen und ausgewertet worden. Daraus hätten sich die nun veröffentlichten Werte ergeben, teilte die Beigeordnete für Soziales, Elona Müller, gestern mit. Jedoch seien nur solche Mieten verwendet worden, die in den letzten vier Jahren neu vereinbart oder angehoben worden sind. Sozialwohnungen seien darin nicht erfasst. Mehr als drei Monate wurde an dem Werk gearbeitet, das den Mietspiegel von 1999 ablösen soll. Auch dieser war bereits nach den Bearbeitungskriterien ein „qualifizierter Mietspiegel“, jedoch gebe es diese Differenzierung erst seit September 2001, erklärte Knierim.
Unterteilt ist der Mietspiegel in vier verschiedene Wohnungsgrößen und vier unterschiedliche Bauzeitspannen. In diesen Perioden gibt es weitere Differenzierungen im jeweiligen Wohnungszustand: gewertet wird dabei von „schlecht“, der billigsten Kategorie, bis hin zu „voll ausgestattet – vollsaniert“. Im Preis gesunken sind die größten teilsanierten Altbauwohnungen (ab 90 Quadratmeter) sowie die großen voll sanierten Plattenbauten, während die kleineren Wohnungen sämtlichst in den Preisen gestiegen seien.
Für Radloff ist es daher auch ein Kritikpunkt, dass die Gewoba als städtisches Unternehmen etwa 800 ihrer preiswertesten Wohnungen in Drewitz und Am Stern privatisieren will. Die Erlöse daraus sollen wie berichtet helfen, den Bau von 1000 neuen, hochwertigeren Wohnungen im Bornstedter Feld sowie an der Heinrich- Mann-Allee zu finanzieren.
Der Vorsitzende des Mietervereins wies daher daraufhin, dass es an kleineren, preiswerten Wohnung den meisten Bedarf gebe. Nach einer „Privatisierung werde es eng“ im Bestand dieser Wohnungen. Und noch ein weiterer Punkt könnte den Preis für genau das Wohnraumsegment in die Höhe treiben. „Mieter könnten in die Zwickmühle geraten“, so Grundeigentums-Vertreter Knierim gestern. Trotz einer Mieterhöhung in den gemieteten vier Wänden könnten Mieter nicht umziehen, weil im Preis vergleichbarer Wohnraum seltener werde. Die Situation in Potsdam verschärfe sich durch den Zuzug. Im kommenden Jahrzehnt erwarteten Demografen 20 000 Neu-Potsdamer, der Leerstand an bezugsfertigen Wohnungen bei den Genossenschaften und der Gewoba liege laut Stadt jedoch bei unter zwei Prozent.
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