
© Gayane Arakelyan
Landeshauptstadt: Spielend aus der Zwickmühle
Eine Krabbelgruppe im Treffpunkt Freizeit eröffnet arbeitslosen Potsdamer Eltern neue Perspektiven
Stand:
Nauener Vorstadt - Keinen Kita-Platz, keine Anstellung – keine Anstellung, keinen Kita-Platz. Benjamin Götze kennt den Teufelskreis nur zu gut. Der 27-jährige gelernte Straßenbauer ist arbeitslos, seine Freundin studiert. Vor eineinhalb Jahren wurde Sohn Kevin geboren. „Jeder potentielle Arbeitgeber will zuerst den Kita-Platz sehen“, erzählt Götze – wenn es überhaupt zum Bewerbungsgespräch kommt, denn auch für die Zeit des Vorstellungsgesprächs braucht der junge Vater einer Betreuung. „Wenn Oma und Opa nicht da sind, ist das schwierig.“ Es war eine verfahrene Situation, bis jetzt.
Seit Anfang Juni engagiert sich Benjamin Götze zweimal in der Woche in der neuen Spielgruppe im Treffpunkt Freizeit am Neuen Garten. Er nutzt ein neues Angebot der Potsdamer Betreuungshilfe für Eltern in der Zwickmühle, die keinen Kita-Platz bekommen oder eine flexible Betreuung suchen. Zwei Tage in der Woche arbeitet Götze in der Gruppe mit. Unter der Aufsicht einer Erzieherin kümmern sich hier vier bis fünf Väter oder Mütter um insgesamt 15 Kinder im Alter von null bis drei Jahren, darunter ihre eigenen. Sie spielen gemeinsam, sie essen gemeinsam, sie gehen zusammen raus. Die übrigen Tage der Woche hat Götze frei. Dann bringt er Sohn Kevin vorbei und hat Zeit, um Bewerbungen zu schreiben oder bei Vorstellungsgesprächen zu erscheinen.
Georgius Papadopoulos, der Vorsitzende des Vereins Potsdamer Betreuungshilfe, ist stolz auf das neue Angebot im Treffpunkt. Seit Anfang des Jahres führt sein Verein in Zusammenarbeit mit der Bürgerhaus am Schlaatz gGmbH und der Potsdamer Kunstgenossenschaft das Mehrgenerationenhaus. Der Trägerverbund – ein Modellprojekt in Potsdam – ist gut angelaufen, sagt Papadopoulos. Man arbeitet zusammen, jeder profitiert von jedem, ein gemeinsames Programm wird erarbeitet, der Internetauftritt vorbereitet. Die Spielgruppe ist eines der zentralen Angebote der Betreuungshilfe im Treffpunkt Freizeit, die Nachfrage ist groß, die freien Plätze waren schnell vergeben. „Es ist uns wichtig, dass Menschen Beruf und Familie vereinbaren können“, sagt Papadopoulos. Etwa 15 000 Euro hat sein Verein investiert, um die Räumlichkeiten für die Spielgruppe umzugestalten. Eine Küche und eine hölzerne Spiellandschaft wurden angeschafft. Am gestrigen Donnerstag war Potsdams Sozialbeigeordnete Elona Müller-Preinesberger zu Gast, um sich das Projekt anzuschauen, von dem es in Potsdam künftig mehr geben soll.
„Wir müssen daran arbeiten, weitere Spielgruppen in der Stadt zu etablieren“, sagte Müller-Preinesberger. Mit dem Angebot im Treffpunkt gibt es erst drei Spielgruppen in der Stadt. Zwei stehen unter der Trägerschaft der Betreuungshilfe, eine unter der der Diakonie. Finanziert werden sie vom Jugendamt. Die Angebote sollen für die Eltern auch künftig kostenlos bleiben, kündigte Müller-Preinesberger an. Sie zeigte sich zufrieden über die angelaufene Arbeit des Trägerverbundes im Treffpunkt. „Das Interesse ist groß, es war eine richtige Entscheidung.“
Das findet auch Sabrina Svarovsky. Der jungen Mutter erging es wie vielen hier in der Spielgruppe: Erst schwanger, dann arbeitslos, dann ohne Perspektive. Die Bankkauffrau sucht einen Job, ohne Kita-Platz ist das schwierig. Die Spielgruppe hat der jungen Mutter neue Möglichkeiten eröffnet – „und ich habe mal wieder ein bisschen Freizeit für mich.“
Auch Benjamin Götze ist zuversichtlich. Schon kurz nachdem er in der Spielgruppe einstieg, öffneten sich woanders neue Türen: Das Arbeitsamt bot ihm eine Umschulung an, sogar einen Kita-Platz hat er ab September in der Tasche. Götze hat den Teufelskreis durchbrochen, sagt er. „Es war echt ein totales Glück, dass wir hier einen Platz in der Spielgruppe bekommen haben.“
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: