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Landeshauptstadt: Spinne spielt die Hauptrolle

Wie Kinder aus Geschichten Filme machen: Ein Besuch bei der Trickfilmwoche in der Medienwerkstatt

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„Ein Mädchen sitzt im Wald und hat sich verlaufen“, erzählt Charlotte. „Sie weint“, bemerkt Nell mit zarter Stimme. „Draußen ist es dunkel“, sagen Olga und Anne wie aus einem Mund. Die vier Mädchen sind aufgeregt. Halten sich gegenseitig fest, hüpfen von einem zum anderen Bein. An diesem Vormittag soll ihre Geschichte „Iiii Spinne“ verfilmt werden. Der 20-jährige Markus wird sie dabei begleiten. Da er noch nicht weiß, was in dem gut 90 Sekunden langen Trickfilm erzählt werden soll, berichten ihm die Mädchen von ihrem Projekt. Es ist eines von vier, die in dieser Woche in der Medienwerkstatt Am Schlaatz entstehen.

Seit Montag schreiben, malen und basteln zehn Mädchen und Jungen im Alter zwischen fünf und 13 Jahren. Anne und ihre Freundinnen haben sich die Geschichte von einem Mädchen erdacht, die sich im dunklen Wald verirrt. Eine leuchtende Spinne wird ihr den Weg nach Hause leuchten. Vier so genannte Storyboards sind für diese Geschichte entstanden. Die Mädchen haben die wichtigsten Szenen mit Filz- und Bleistift gezeichnet. „Wir nehmen Charlottes“, erklärt die achtjährige Anne. Sie zeigt zwei Zeichenblätter mit 16 Bildern. In einer Trickfilmbox liegt die selbst gebastelte Kulisse: grüner Hintergrund, darauf dicke Bäume und am Himmel steht die Sichel eines aufgehenden Mondes. Mitten im Wald sitzt das namenlose verzweifelte Mädchen. Plötzlich kommt eine schwarze Spinne auf ihren Fuß gekrabbelt. Das Mädchen ruft: „Iiii Spinne!“ Olga zeigt einen vergrößerten Fuß. „Da setzen wir dann die Spinne rauf.“ Und weil die vier Potsdamer Mädchen dieses kleine krabbelnde Tier lieben, wird es zum Retter. Aus Papier und Pfeifenreiniger haben sie eine schwarze und eine grünlich-gelb leuchtende Spinne gebastelt. Von ihr sind mehrere solcher Nahaufnahmen sind geplant, sagt Michael Kann. Der erfahrene Regisseur und Autor betreut das Projekt seit Beginn dieser Woche. So wird es auch eine Aufnahme vom Gesicht des Mädchens geben. Aus seinen Augen sollen Tränen fließen. Einzelne, wässrig scheinende blaue Papiertränen liegen bereit. „Sie werden für die einzelnen Einstellungen neu gelegt.“

Luke kommt ins kleine Aufnahmestudio. „Wann drehen wir?“, fragt er voller Sorge. Der Junge möchte endlich mit seinem Film beginnen. Doch Michael Kann kümmert sich zunächst um die Mädchen, und die Kulissen für Lukes Stück sind noch immer nicht fertig. Mit seinem Freund Jacob hat er sich die Geschichte von Max und seinem Bruder Tom erdacht. „Im Traum fliegen die beiden mit dem Raumschiff und landen ein paar Mal auf der Erde.“ Max erwacht aus seinem Traum, weil ein Dinosaurier vermeidlich mit seinem Raumschiff zusammen stößt.

„Ja, Dinosaurier kommen hier öfter vor“, sagt Michael Kann und lacht. Später hilft der Regisseur den beiden Jungs, die Kulisse für ihre erste Einstellung aufzubauen: Vor einem durchlöcherten schwarzen Papier schwebt das Raumschiff an der Erde, einem beleuchteten Globus, vorbei. Davor wird eine kleine Kamera aufgebaut. „Wir werden sie per Fernsteuerung bedienen, da sonst die Bilder verwackeln“, erklärt Kann.

Die 1991 gegründete Medienwerkstatt im Wohngebiet Am Schlaatz bietet regelmäßig Trickfilmwochen an. Im vergangenen Herbst entstand hier beispielsweise der Film „Glubsch“. „Im Filmmuseum haben wir damit einen Preis gewonnen“, sagt Lili. Das Mädchen nimmt nun zum zweiten Mal an dem Projekt teil. Diesmal arbeitet sie mit ihrer Freundin Anna an der Liebesgeschichte zwischen einem Drachen und einem Leoparden.

Noch heute werden die Mädchen und Jungen an ihren Filmen arbeiten, ihre Dialoge einsprechen. Lilli überlegt sogar, ob sie Tiergeräusche aufnehmen geht. „Die Filme werden dann von uns fertig geschnitten“, erklärt Martin Harms, der das Projekt als Praktikant begleitet. Auch werden die Kurzfilme in den nächsten Wochen mit Geräuschen, Dialogen und Musik unterlegt sowie jeweils ein Vor- und Abspann produziert. Und wie in der Filmbrache üblich, gibt es auch eine Prämiere, sagt Werkstattleiterin Ute Parthum. In gut zwei Wochen werden die Kinder mit Freunden und Verwandten zu einem kleinen Fest eingeladen. „Und zur Erinnerung gibt“s die Filme dann auf DVD oder Video.“ Ulrike Strube

Ulrike Strube

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