Aus dem GERICHTSSAAL: Spitzenreiter mit über drei Promille
Betrunkene Radfahrer im beschleunigten Verfahren verurteilt / Entzug der Fahrerlaubnis kann drohen
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Mit 3,30 Promille ist Tobias T.* (39) an diesem Verhandlungstag Spitzenreiter. Der arbeitslose Installateur wurde in der Nacht des 7. Juni von der Polizei auf seinem Fahrrad gestoppt, weil er ohne Licht fuhr. Jetzt muss er sich im beschleunigten Verfahren vor dem Amtsgericht verantworten. Tobias T. – vorbestraft wegen Betruges in fünf Fällen, Hausfriedensbruchs, vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr sowie Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte – schweigt zum Tatvorwurf. So ist der Polizeizeuge Roberto L. (26) gefragt. „Der Radfahrer konnte dem Haltezeichen in Höhe des Filmmuseums nicht nachkommen, da die Bremsen seines Rades defekt waren. Ich musste ihm helfen abzusteigen“, erinnert sich der Beamte. „Er war völlig uneinsichtig.“ Erst einer zu Hilfe gerufenen zweiten Funkstreifenwagenbesatzung gelang es, den Betrunkenen „mit leichtem unmittelbaren Zwang“ zur Blutprobe zu fahren.
„Es ist nicht auszuschließen, dass der Angeklagte während der gesamten Fahrt steuerungsunfähig war“, mutmaßt Richterin Waltraud Heep und verurteilt den 39-Jährigen wegen fahrlässigen Vollrausches zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je zehn Euro.
Auf 2,55 Promille brachte es Radfahrer Frank F.* (39) am 28. April. Am 25. Mai wurde der gelernte Gärtner von den Ordnungshütern erneut aus dem Verkehr gezogen. Diesmal pustete er sich auf 2,69 Promille. „Ich sehe ein, dass ich falsch gehandelt habe“, bekennt er reumütig. Dann gibt der Hartz-IV-Empfänger zu: „Ich bin fast jeden Tag so betrunken.“ Eines habe er inzwischen allerdings gelernt. Den Weg von der Kneipe werde er künftig per pedes zurücklegen.
Das Gericht sanktioniert den bereits wegen Körperverletzung, Nötigung, Ladendiebstahls und Trunkenheit im Verkehr Vorbelasteten mit 70 Tagessätzen á zehn Euro. „Man kann auch wegen betrunkenen Fahrradfahrens irgendwann im Knast landen“, gibt die Vorsitzende Frank F. mit auf den Weg.
Obwohl Rico R.* (30) „nur“ 2,23 Promille intus hatte, benötigte er am 10. Juli die gesamte Breite der Gutenbergstraße, um auf seinem Veloziped vorwärts zu kommen. Er habe sich in jener Nacht aus Liebeskummer voll laufen lassen, bekennt der Software-Entwickler. Die verhängte Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 70 Euro kann er einigermaßen verschmerzen. Härter trifft ihn die Mitteilung, dass die Straßenverkehrsbehörde bereits über seine Trunkenheitsfahrt informiert wurde, ihm nun der Entzug seiner Fahrerlaubnis drohen könne. „Sie werden sich dem so genannten Idiotentest unterziehen müssen. Der kostet richtig knackig Geld“, betont Richterin Heep (*Namen geändert). Hoga
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