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Landeshauptstadt: Spontan-Demo gegen rechte Übergriffe

Linke zogen durch Innenstadt / Kampagne kritisiert „einseitige“ Öffentlichkeitsarbeit der Polizei: 13 rechte Übergriffe aufgelistet

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Linke zogen durch Innenstadt / Kampagne kritisiert „einseitige“ Öffentlichkeitsarbeit der Polizei: 13 rechte Übergriffe aufgelistet In einer spontanen Demonstration sind gestern Nachmittag nach Polizeiangaben bis zu 100 Linke durch die Potsdamer Innenstadt gezogen. Sie protestierten gegen Übergriffe Rechtsextremer auf linke Gruppierungen und Jugendliche. „Wir werden die Änderung des Klimas in Potsdam nicht einfach hinnehmen“, hieß es auf dem Flugblatt der Demonstranten. Die Präsenz und Aktivität Rechtsextremer in der Landeshauptstadt habe „drastisch zugenommen“. Hintergrund der Spontan-Demo war auch der brutale Überfall von etwa 15 Rechtsextremen am Sonntag auf zwei Potsdamer Linke in der Friedrich-Ebert-Straße (siehe Kasten rechts). Die von der Polizei genehmigte Demonstration verlief friedlich. Unterdessen kritisierte die Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär gestern „einseitige Pressearbeit der Polizei“. Sie listete 13 Übergriffe von Rechten auf, die sich seit Mitte Mai in der Stadt ereignet haben. Durch die Polizei seien diese Vorfälle der Öffentlichkeit vollkommen verschwiegen worden, so Lutz Boede von der Kampagne. Bekannt seien nur die Fälle geworden, in denen sich Betroffene selbst an die Presse gewandt hätten. Ganz anders hätten Polizei und Staatsanwaltschaft beim Übergriff linker Jugendlicher auf Rechte vor etwa zwei Wochen am Nauener Tor reagiert (PNN berichteten), so Boede. Dieser sei sofort als Mordversuch eingestuft worden. Ralf Marschall, Leiter des Potsdamer Schutzbereiches der Polizei, bestätigte gegenüber den PNN die 13 Übergriffe Rechtsextremer. Er wies jedoch mit Hinweis auf ermittlungstaktische Gründe den Vorwurf, die Polizei informiere einseitig, zurück. „Es wird nichts verharmlost.“ Allerdings herrscht nach PNN-Informationen selbst in Ermittlerkreisen Unverständnis über das Verhalten der Staatsanwaltschaft, die bisher Veröffentlichungen der Vorfälle aus nicht ersichtlichen Gründen unterbunden habe. Potsdams Polizeichef Marschall appellierte an Boede, die Situation gemeinsam anzugehen. „Schuldzuweisungen bringen gar nichts.“ Eine weitere Eskalation der Gewalt will Marschall durch massive Polizeipräsenz unterbinden. Die Rechtsextremen und linken Gruppen müssten merken, dass es einen „hohen Verfolgungsdruck“ gebe. Täter würden ermittelt und verhaftet. Der Einsatz von 30 zusätzlichen Beamten der Landeseinsatzeinheit sei zeitlich unbegrenzt. Sie blieben, bis die Lage sich normalisiert habe, so Marschall. Auch sei das Mobile Beratungsteam gegen Rechtsextremismus verstärkt unterwegs. Diese Maßnahmen sollen die Situation entschärfen, könne aber die Gründe nicht beseitigen, betonte der Polizeichef. Die Polizei betrachte die derzeitige Entwicklung „mit Sorge“. Die „Schwere der Auseinandersetzungen“ habe sich deutlich gesteigert, ebenso die Präsenz und das Auftreten der Rechtsextremen in der Stadt. Laut Marschall gebe es keine „festgefügte“ rechte Szene, es werde aber aus der Gruppe heraus gehandelt, wenn die Rechten auf Andersdenkende treffen. Zur Beendigung der Gewalteskalation muss laut Marschall der Beirat zur Umsetzung des Lokalen Aktionsplans gegen Rechtsextremismus beitragen. Die Mitglieder des Beirats müssten Einfluss auf die am Konflikt Beteiligten nehmen.

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