Landeshauptstadt: Spontane Hilfe für junge Flüchtlinge „Kamingespräch“ der Friedenskirchengemeinde
Es wirkte spontan, war es aber nicht. Die beiden Besucherinnen des „Kamingesprächs“ haben wohl überlegt ihre Hilfe angeboten.
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Es wirkte spontan, war es aber nicht. Die beiden Besucherinnen des „Kamingesprächs“ haben wohl überlegt ihre Hilfe angeboten. Und der Ausländerseelsorgerin des evangelischen Kirchenkreises Potsdam, Monique Tinney, fiel hörbar ein Stein vom Herzen. Denn sie hatte zuvor von Nöten im Asylbewerberheim am Schlaatz erzählt. Dringend werde jemand gesucht, der unter anderen einer Drittklässlerin bei der Erledigung von Hausaufgaben unter die Arme greifen könnte. Auch die Begleitung von Migranten bei Gängen zu einem Amt oder einer Geschäftsstelle wäre eine Beruhigung. Eine ehemalige Lehrerin, die in einer Schule unterrichtete, die von deutschen und arabischen Kindern besucht wird, will nun dem zehnjährigen Mädchen im Asylbewerberheim eine Hilfe sein.
Monique Tinney und Helen Sundermeyer von der Flüchtlingsberatung des Diakonischen Werkes Potsdam e.V. waren am Mittwoch der Einladung der Friedenskirchengemeinde zu ihrer Vortragsreihe „Kamingespräch“ gefolgt. Besonders der Suche nach ehrenamtlichen Einzelvormündern für allein reisende jugendliche Flüchtlinge galt ihre Aufmerksamkeit. Von den 150 Bewohnern aus 26 Ländern lebten derzeit sieben junge Leute unter 18 Jahren ohne Eltern oder Geschwister im Potsdamer Asylbewerberheim, berichteten sie. Sie seien auf sich allein gestellt. Manche haben ihre Angehörigen verloren, mussten zusehen wie Eltern und Geschwister ermordet wurden. Andere wurden von ihren Eltern in die Ferne geschickt, um sie in Sicherheit zu wissen. In Deutschland leben mehr als 5000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Oftmals werden die Asylgesuche dieser Flüchtlingskinder abgelehnt, da sie im Sinn des deutschen Asylrechts nicht „politisch verfolgt“ werden. Statt der erhofften Zuflucht droht ihnen die Abschiebung in ihre Herkunftsländer.
Monique Tinney und Helen Sundermeyer berichteten, dass Jugendliche nach dem deutschen Asylrecht asylmündig seien und wie Erwachsene behandelt würden. Das Jugendamt übernimmt die gesetzliche Vormundschaft. Eine intensive Begleitung und Förderung der Jugendlichen ist dabei kaum möglich. Doch ein ehrenamtlicher Vormund könne sich seinem Mündel ganz individuell widmen. Dabei wohnt der ihm Anvertraute weiterhin im Asylbewerberheim und der Vormund muss nicht für dessen Unterhalt aufkommen. „Dies ist eine verantwortungsvolle, jedoch bereichernde Aufgabe“, sagte Helen Sundermeyer, die selbst mehrmals die Vormundschaft für junge Migranten übernahm.
Es gab natürlich viele Fragen, so auch zur sprachlichen Kommunikation. Die Jugendlichen möchten die deutsche Sprache erlernen, aber die Kurse sind mit hohen Kosten verbunden. Man habe den Eindruck, so die Ausländerseelsorgerin, dass eine Integration der jungen Migranten von der Politik nicht erwünscht sei. Mit monatlich 180 Euro, mit der sie den Lebensunterhalt bestreiten müssen, könnten viele einen Sprachkurs nicht besuchen. Auch da sei Hilfe nötig. K. Büstrin
K. Büstrin
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