
© Andreas Klaer
Von Michael Meyer: Spontane Waage auf dem Stuhl
Potsdams Seniorensportler des Jahres Kurt Martischewski turnt auch mit 77 Jahren noch bei Titelkämpfen
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Drahtig, kräftig und agil – Kurt Martischewski kann trotz seiner 77 Jahre noch Kippe, Rolle, Fechter-Flanke. Am Samstagabend auf dem 13. Stadtsportball des Stadtsportbundes im Seminaris-Seehotel zeigte der immer noch aktive Gerätturner den 300 Gästen spontan auf einem Stuhl die Waage. „Die mach ich auch auf dem Barren“, erzählte Martischewski später, nachdem er als „Potsdams Seniorensportler des Jahres“ geehrt worden war. Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs, der ihn auszeichnete, verzichtete – aufgefordert von Moderator Klaus Herber – lieber aufs Nachmachen. Jakobs ehrte außerdem Potsdams Nachwuchssportler des Jahres Shirin Brockmann, Tenia Meisel, Asina Musa, Paul Elm, Lukas Born, Felix Bach und Peter Kretschmer (siehe unten). Die beiden Letztgenannten fehlten am Samstag, weil sie derzeit in Trainingslagern für die neue Saison üben.
Kurt Martischewski turnt, seitdem er 16 war. In Petershagen entdeckte der aus Ostpreußen stammende Junge sein Faible für Barren, Sprung und Ringe, Boden, Reck und Seitpferd. „Ich war dabei aber nie großer Leistungssportler, sondern habe immer nur hobbymäßig an Wettkämpfen teilgenommen, so Martischewski, der 1960 nach Potsdam zog und als Maschinenbauer in Ludwigsfelde arbeitete. „Zeitbedingt blieb der Sport da ein bisschen auf der Strecke, aber nachdem ich in den Ruhestand gegangen war, habe ich wieder mehr geturnt“, erzählte er. Und nicht nur das: Der in Golm wohnende rüstige Rentner trat dem USV Potsdam bei und startete fortan bei Senioren-Meisterschaften. 2004 schaffte er es bis zum Deutschen Vizemeistertitel im Mehrkampf – Barren, Reck und Boden – seiner Altersklasse. „Im vergangenen Jahr wurde ich leider nur Vierter unter 18 Teilnehmern. Ein etwas jüngerer Turner war noch etwas besser als ich, blickte er nun mit so etwas wie Wehmut zurück. In diesem Jahr will er es aufs Neue wissen.
Zweimal pro Woche trainiert Kurt Martischewski in der Turnhalle des Potsdamer Luftschiffhafens, deren Zukunft derzeit fraglich ist. „Nicht auszudenken, was geschehe, wenn die Halle ersatzlos verschwinden würde. Dann gäbe es in Potsdam keine Möglichkeit zum richtigen Turnen mehr, meint der 1,65-Meter-Mann . „Dabei denke ich weniger an mich als vielmehr an die etwa 30 Kinder der Potsdamer Turntalentschule, die dort nachmittags immer trainieren.“ Auch Martischewski selbst hat „Schützlinge“, mit denen er einmal in der Woche übt. „Vor zehn Jahren“, berichtete er, „habe ich in Golm eine Seniorensportgruppe für Gymnastik gegründet.“ Er gehört damit zu den vielen Ehrenamtlichen des Potsdamer Stadtsportbundes, dessen Vorsitzender Lutz Henrich am Samstag auf das „Europäische Jahr 2011 des Ehrenamts“ hinwies.
In der Golmer Gymnastikgruppe macht auch Kurt Martischewskis Frau Edith (73) mit, die er einst in Neuenhagen kennenlernte, mit der er seit 53 Jahren verheiratet ist und vier Kinder, sieben Enkel sowie einen Urenkel hat, „und die auch heute noch einen Spagat kann“, so der Potsdamer. Sohn Ulf (jetzt 47) war mal Deutscher Meister im Ringen, „auch Bernd und Lutz machten Sport, und unsere Tochter Peggy hat ebenfalls geturnt“, erzählte er. Enkel Lieven Spur wurde sogar Junioren-Weltmeister im Kanurennsport.
Martischewski fühlt sich wohl unter Jüngeren, so wie am Samstagabend beim Stadtsportball inmitten der Potsdamer Nachwuchssportler oder später beim Tanz bis nach Mitternacht. Trotzdem rastete er auch am Sonntag nicht. Schließlich braucht Westie-Hündin Winni ihren täglichen Spaziergang, „wobei sie für meinen Bewegungsdrang zu langsam ist“, meint der Turner aus Leidenschaft, der sich auch gern in seinem Golmer Garten verausgabt. Für 2011 hat er vor allem zwei Wünsche: „Erstens, dass eine für uns Turner positive Entscheidung zur Turnhalle im Luftschiffhafen fällt. Und zweitens, dass man noch lange gesund bleibt.“ Dafür gäbe es vor allem zwei Regeln, meinte er: „Bewegung und gesunde Ernährung. Daran halte ich mich.“ So präsentierte sich Kurt Martischewski am Samstag auch mit 77 Jahren noch drahtig, kräftig und agil.
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